Der italienische Bauingenieur Pier Luigi Nervi ist für seine außergewöhnlichen Umgang mit Fertigteilen aus Stahlbeton bekannt. 1891 im italienischen Sondrio geboren, lässt sich sein Schaffen in drei Phasen einteilen: die formale Phase, in der er eine statische Intuition entwickelt, die konstruktive Phase, geprägt durch das von ihm entwickelte „System Nervi“ (miteinander vergossen Ferrozement-Fertigteile), und die stilistische Phase, in der er gemeinsam mit seinem Sohn ein eigenes Ingenieurbüro, das „Studio Nervi“, gründet. Die von ihm geplanten Gebäude zeichnen sich aus durch expressiven, diamantförmig strukturierten Gewölben und Deckenuntersichten, zusammengesetzt aus Stahlbeton-Fertigteilen.
Inspiriert von Nervi’s Hallen, die meist große Spannweiten aufwiesen, entstand bei Fabian Steiner der Gedanke, selbst ein Gebäude dieser Art zu entwerfen. Als passionierter Hobbyschwimmer bot sich für ihn eine Schwimmhalle als Projekt an.
„Ein Schwimmbad war für mich schon, bevor ich mit dem Diplom angefangen habe, interessant, weil das Schwimmen ein Sport ist, der mir Spaß macht, und es in Wien – meiner Meinung nach – zu wenig Angebote gibt“, erklärt er. Tatsächlich gibt es in Wien nur eine Schwimmhalle mit einem Olympia-Becken: das von Roland Rainer 1974 geplante Stadthallenbad.
Positioniert wird die neue Schwimmhalle im Venediger-Au-Park im 2. Bezirk in Wien. Gemeinsam mit dem externen Statiker Lothar Heinrich, der auch am Institut für Gestaltungslehre in Sachen Tragwerk berät, entwickelt Fabian das Gebäude vom Dach, der sogenannten fünften Fassade, her. Die aus Fertigteilen zusammengesetzten Träger erinnern an eine Welle, sie lassen in rhythmischen Abständen Licht in die Halle einfallen. Die Stützen gleichen den Bäumen, die den Bau zahlreich umgeben. Das stimmige Gesamtkonzept von Konstruktion, Licht und Transparenz wird der Ästhetik, die dem Schwimmen inne liegt, zweifellos gerecht.