thomas zelenka
vor 9 jahren hat er mit zehn völkern begonnen. heute hat er neun millionen mitarbeiterinnen/ kolleginnen in insgesamt 130 bienenstöcken.
imker in dritter generation und in der steiermark aufgewachsen, aber in wien zur schule gegangen. nach seiner universitären ausbildung war er in der tourismusbranche selbständig tätig.
in weiterer folge ist ihm klar geworden, dass er sich aktiver betätigen will und wurde imker. er hat seine bienenstöcke unter anderem auf dem kunsthistorischen museum in wien.
wie kam es dazu genau in einer großstadt wie wien imker zu werden?
Im hinterkopf war das thema bienen schon immer. nur dachte ich mir, dass ich die bienenhütte vom opa am land übernehmen würde. denn ich war der einzige in der familie, der sich dafür interessierte. an bienen in der stadt habe ich da nicht gedacht. aber das hat sich dann ergeben als mir ein freund ein grundstück am stadtrand wiens beim wiener wald anbot. dann kam eine werkstatt in der stadt dazu. das war noch bevor das thema stadtbienen populär wurde. da war ich einer der ersten, der auf einem dach in wien bienen hatte. danach ging es recht schnell. man wird sehr schnell populär, da sich die leute für das außergewöhnliche interessieren.
vor drei jahren habe ich den sprung gewagt und habe mein hobby zum beruf gemacht. da imker ein lehrberuf ist, habe die gesamte lehre bis zum meister nebenberuflich an einer landwirtschaftsschule gemacht. danach habe ich langsam angefangen meine imkerei aufzubauen. bald erkannte ich, dass das nicht nur mein hobby bleibt.
sie sind imker in dritter generation. könnte man sagen, sie wandeln die tradition in etwas modernes?
ja schon. in den 80er jahren gab es den weinskandal und danch auch einen generationswechsel. viele junge winzer übernahmen die betriebe und dann hieß es: „seid‘s wahnsinnig, metallfässer und riesen anlagen und, und, und …“. aber heute räumen die weine internationale prämierungen ab.
ich sehe mich auch als generationswechsel. der durchschnittliche imker ist über 80 jahre alt. nur wenige machen das hauptberuflich. meistens stehen fünf bis 20 bienenstöcke im garten. und das ist auch wichtig so. das garantiert eine flächendeckende bestäubung, was eigentlich die hauptleistung der biene ist. das ist das spektrum. wenn man davon leben will, muss man sich was einfallen lassen.
wurden sie von ihrer familie dahingehend geprägt, dass sie ihren job nicht unbedingt nur aus persönlicher leidenschaft aufnehmen, sondern schon auch als nutzen für die allgemeinheit?
ja, das ist untrennbar. ich bin zwar nicht so selbstlos, dass ich sage, ich mache das, um die welt zu retten. das funktioniert nicht lange. wenn man davon leben muss, dann muss man auch kalkulieren. aber ein gutes konzept ist schon mal die halbe miete. leidenschaft gehört dazu. wenn man es nicht mit leidenschaft macht, funktioniert es nicht. denn kein mensch lässt sich freiwillig ein paar hundert mal im jahr stechen. zusätzlich hat man das risiko, dass das wetter nicht passt, dass die honigernte schlecht ausfällt oder, dass die bienen sterben. du hast wahnsinnig viel arbeit und dann muss man mit den preisen im supermarkt mithalten. also da gehört schon etwas dazu.
können sie ein beispiel nennen, was sich in der produktion ihres großvaters zu heute verändert hat?
heute gibt viel mehr hightech maschinen. wir füllen mit unseren anlagen auf das gramm genau ab. es ist alles aus edelstahl und desinfiziert. wir haben einen echten maschinenpark draußen stehen. da ist schon mehr technologie dahinter.
könnten sie sich verbesserungen vorstellen, um landwirtschaftliche betriebe zentraler zu positionieren im bezug auf die momentane stadtstruktur in wien?
ich habe noch eine zweite niederlassung im dritten bezirk. dort hat es begonnen. dort ist die imkerei, dort ist das holz, das wachs und die verarbeitung der waben und bienenstöcke. im 23. bezirk befindet sich die verarbeitung der produkte. das hat sich aus finanziellen- und platzgründen so ergeben. die be- und verarbeitung im urbanen raum ist erstens aus kostengründen nicht realistisch und macht, glaube ich, auch aus umweltgründen keinen sinn. denn das bienenhalten in der stadt ist nicht die antwort auf das bienensterben. sondern erregt nur eine gewisse aufmerksamkeit, die man positiv nützen kann indem man die biene sozusagen als botschafter nützt. dadurch werden die menschen aufmerksam und ich kann das thema besser transportieren. aber die bienen auf dem kunsthistorischen museum retten nicht unsere umweltprobleme. da muss sich das kaufverhalten ändern. solange die leute zum h&m rennen und sich t-shirts für 5 euro kaufen, wird sich nichts bewegen.
aber sie würden schon sagen, dass es der urbanen pflanzenwelt diesbezüglich etwas nutzt?
nein, in der stadt haben wir, bis auf ein paar parkanlagen - und die sind auch nicht natur - kaum grün. das wäre ein widerspruch.
welchen naturraum finden die bienen dann in der stadt eigentlich vor?
die natur ist sowie die biene sehr anpassungsfähig. wenn ich einen fisch in ein aquarium gebe, dann wir er darin auch überleben. auch wenn es nicht seinen natürlichen lebensraum darstellt.
so kann ich auch einen bienenstock in die stadt stellen. sie werden lindenbäume oder blütenpflanzen auf balkonterrassen finden.
meine bienen auf dem kunsthistorischen museum laufen großartig. denn die vielen rosenstöcke im burggarten bieten selbst bei großen hitzewellen genügend nahrung für die bienen, da alles bewässert wird. da sehe ich den direkten vergleich zur natur im wiener wald. dort gießt niemand den wald oder die wiesn und dann kann es zu nahrungsknappheit kommen. die stadt muss sich dem klimawandel anpassen. sonst wird es unerträglich. es sind unnötig viele flächen versiegelt und dadurch staut sich die hitze. meine bienen stehen auch am dach des kunsthauses wien vom hundertwasser. er hatte die philosophie, dass man die fläche, die man unten versiegelt, der natur oben wieder zurückgeben sollte. auch über die vertikale fassade. ein ahnsinnig vorrausschauender ansatz.
bekommt man als stadt-imker mehr aufmerksamkeit?
die bienenstöcke am kunsthistorischen museum bringen große aufmerksamkeit. es kommen viele presseanfragen von internationalen zeitungen wie der vogue oder der vanity fair.
es gibt ein paar berühmte stadt-imker in new york, london, oder in paris. das ist momentan modern. dadurch wurde ich sicherlich zu einer den berühmteren imkern. das ändert aber nichts am alltag.
würden sie also die stadt-imkerei wirklich als mode beschreiben?
ja, das ist definitiv eine modeerscheinung.
gibt es von der stadt wien einen zukunftsplan bezüglich bienen in der stadt?
die stadt wien fördert das und ist sehr progressiv was das betrifft. wenn imker einen platz suchen, bemüht sich die stadt wirklich einen zu finden. sie besitzt ja viele grünflächen und vergibt auch plätze. ich habe zum beispiel die gesamte donauinsel bekommen. das sogenannte „live- dicca-programm“ ist ein eu-programm, das den zweck hat die donauinsel an den klimawandel anzupassen. auch die boku macht da sehr viel wie pflanzen- und tierarten zu zählen. die bienen sind bei diesen programmen auch involviert, um die biodiversität zu fördern.
könnte es in der stadt zu viele bienen geben?
nein. es kann alle paar meter ein bienenstock stehen. es würde sich von selbst regeln. die biene braucht ein gewisses nahrungsangebot, um zu sich zu entwickeln. und wenn es das nicht gibt, dann reguliert sich das. außerdem hat ein bienenvolk einen gewissen flugradius innerhalb dessen sie genug futter für ihren jahresvorrat finden können. ein bienenvolk sammelt im jahr ca. 100 kg honig. einen großteil, ca. 70, 80kg braucht das bienenvolk für sich selbst. was darüber hinaus übrig bleibt holt sich dann der imker.
was beeinfluss die orientierung der biene in der stadt?
die biene ist ein insekt. in der nacht sind sie gottseidank drinnen, das heißt das künstliche licht stört sie weniger. trotzdem funktioniert die biene etwas anders als die übrigen insekten. es gibt studien, über uv-strahlung und bluetooth, die ergaben, dass die bluetooth-strahlung die biene tatsächlich irritiert. außerdem existieren studien, die belegen, dass hochspannungsleitungen bienenvölker beeinflussen. wenn ich gefragt werde, welcher honig der bessere ist, dann antworte ich immer: „der draußen in der natur, wo ich weit weg bin von konventioneller landwirtschaft“. wenn ich mit meinen bienen im tullner- oder marchfeld stehen würde, wäre das fast tierquälerei. dort werden die pflanzen mit pestiziden, insektiziden oder herbizide behandelt, die über die wurzeln aufgenommen werden und tödlich für bienen sein können.
gibt es positive aussichten für die bienen?
ja natürlich gibt es auch positive aussichten. ich bin kein pessimist, sonst würd ich das nicht machen!es kommt zu einer verstärkten aufmerksamkeit. es war den leuten nie so bewusst wie jetzt, wo endlich die diskussion in der öffentlichkeit angekommen ist.
heute bin ich auf cocktailpartys das thema nummer eins. du bist absolut salonfähig. jeder will über bienen sprechen, jeden interessiert es. du bist der greifbare, der erklärt, wie es ausschaut. denn du bekommst ja jede klimaschwankung am bienenstock mit. ein bienenvolk ist ein hochsensibler mechanismus und reagiert auf trockenheit, hitze, kälte, regen. ich erkenne als erster die auswirkung solcher ereignisse auf mikroorganismen.
du bist also ein botschafter und hast eine aufgabe. es ist kein lustiges thema, aber es betrifft jeden.
was kann man in dieser hinsicht bei bienen bemerken?
bei bienen bist du in erster linie beobachter. die bienen zeigen dir was sie brauchen und wie es ihnen geht. da die biene sehr anpassungsfähig ist, leben sie auch in der stadt erstaunlich gut. aber das sollte uns nicht zur schlussfolgerung verleiten, zu glauben damit sei die welt gerettet. wir müssen die natur wieder reparieren. dazu braucht es auch zahlreiche hobby-imker. früher war das normal. viele gartenbesitzer hatte ihren bienenstock. unkraut war normal, kein mensch hat roundup verwendet. das und einen perfekt grünen rasen gab es nicht.
haben sie über ihre berufserfahrung „funfacts“ kennengelernt, die sie oder leien zum staunen bringen?
es gibt ab und zu lustige bienenschwärme. also dass mal ein bienenschwarm auf einen auto oder fahrrad hängt. wenn ein bienenvolk in der stadt schwärmt, dann sammeln sie sich als traube und hängen z.b. auf einer statue. das kann recht lustig aussehen. da müssen wir sehr schnell handeln, weil wir die bienen retten und einfangen wollen.
ist ihnen schon mal ein bienenvolk abgehauen?
nur ein mal. das gehört dazu. da kommt dann die wiener feuerwehr. da kennt man sich inzwischen. vermutlich handelt es sich dann um ein ausgeschwärmtes volk. das passiert, wenn eine junge königin schlüpft und die alte darauf mit dem fliegenden teil der bienen den stock verlässt. das ist die natürliche vermehrung.
das ist es in der stadt nicht erwünscht. die wiener feuerwehr hat schon genug von den vielen hobby-imkern, die sich einen bienenstock auf den balkon stellen und sich dann wundern, wenn alle bienen weg sind.
wie versuchen sie das bewusstsein zu wecken?
durch viele interviews. das ist klar, man ist botschafter für das thema biene. zum einen, das gebe ich gerne zu, ist es verkaufsfördernd. der name wird genannt und wird zur marke. andererseits bin ich auch überzeugungstäter, da man mitbekommt wie die natur leidet. die jetzige generation ist mit handy und h&m aufgewachsen, aber jetzt ist wieder die zeit gekommen die ärmel aufzukrempeln um etwas umzusetzen.
maximilian scharnagl
geboren 1997, studiert medizin in wien und ist seit fünf jahren jäger. er hat eine jagdpacht in tulln.
wie kommt man als wiener zur jagd, wenn es im familiären und freundschaftlichen umfeld - so wie bei ihnen - keine jäger gibt?
das interesse an natur und den wildtieren sowie das thema wald mit seinem ökosystem war schon immer vorhanden. deshalb habe ich mich für den jagdkurs angemeldet. dort wurden meine erwartungen vollkommen erfüllt, und aus interesse wurde wissbegierde.
wie schwer ist es als jungjäger in jagdliche kreise zu gelangen?
das ist teils schwierig, teils einfach. wenn man das so wie ich über einen jagdkurs macht, bekommt man schnell anschluss zu gleichgesinnten mit denen man sich austauscht und später auch mal eingeladen wird. aber der kontakt zu eingefleischten jägern am land ist oft sehr schwierig. vor allem muss man sich den respekt, ein guter jäger und nicht ein blöder städter zu sein, hart erarbeiten.
jäger werden oft von laien oder tierschützern als tiermörder betrachtet. wie sieht die beziehung zwischen jagd und tieren aus? wie ist es für sie persönlich vertretbar, tiere zu erschießen?ich bin oft in sehr heißen diskussionen mit selbsternannten tierschützern. dabei erkenne ich schnell, dass das für mich in vielen fällen gar keine tierschützer sind. die artenvielfalt, die wir heute in österreich haben, würde es ohne jäger nicht geben. zum beispiel müssen wir momentan wegen der afrikanischen schweinepest unseren wildschweinbestand stark eindämmen, um ein übergreifen zu verhindern. sonst könnte es sein, dass in einigen regionen die bestände komplett aussterben. noch schlimmer wäre ein übergreifen auf die hausschweine, die wir tagtäglich verspeisen. dann käme es zu einem massentiersterben. wenn man das in relation sieht, dann ist für mich klar, dass ich – als jäger - tierleben schütze.
sind also jäger eigentlich naturschützer?
selbstverständlich! um ein weiteres beispiel zu nennen: als jäger geht man auch durch den wald und sammelt den müll von wanderern oder fahrradfahrern auf. sie stören die tierwelt in den sensiblen paarungszeiten august und september, wenn sie sich zu später stunde querfeld durch das revier bewegen. trotzdem bezeichnen sie sich selbst als umweltbewusste menschen. und das nur weil sie sich in der natur aufhalten. dabei geben sie keine rücksicht auf die sensible tierwelt.
das ist wahrscheinlich in stadtnahen gebieten oder in wien ein größeres problem als in peripheren gebieten?
ich habe das persönlich schon oft in meinem eigenen jagdrevier in der region tulln erlebt. denn die donauauen sind ein beliebtes ausflugsziel. hier betreten immer wieder wanderer und radfahrer die schussplätze und kirrungen (anm. lockfutterplätze) . bei einer treibjagd im wienerwald, bei der der wildschweinbestand eingedämmt werden sollte, kam es trotz großräumiger absperrungen und warnhinweisen immer wieder zu unterbrechungen auf grund ungebetener gäste oder unvorsichtiger leute, die damit unnötig ihr eigenes leben riskierten.
wien als „grüne stadt“ bietet zahlreiche attraktive lebensräume für wildtiere wie die donauauen oder den wienerwald. ist es erlaubt in wien zu jagen?
ein bejagen im sinne wie man es von landregionen mit waffen kennt, ist in der stadt aus sicherheitsgründen nicht möglich. deshalb muss man sich anderes behelfen: durch fallen, natürliche feinde oder durch lockmittel. in der praxis funktionieren diese methoden nicht besonders gut, weil zum beispiel wildschweine ein sehr gutes gedächtnis und einen hervorragenden orientierungssinn haben. meistens sind sie innerhalb kurzer zeit wieder zurück an jenem ort, an dem sie eingefangen wurden.
wienerwald und donauauen dürfen aber schon bejagt werden?
ja, in diesen regionen ist selbst im stadtgebiet die jagd gestattet. ich selbst bin im bereich der donau auen bei tulln im revier, und gerade dort wird sehr kräftig bejagt, um das wild von der stadt fernzuhalten.
wie kommt man als stadtbewohner an frisches wildbret direkt vom jäger? ist zu jeder zeit jedes fleisch verfügbar?
es gibt gewisse schonzeiten in denen nicht gejagt werden darf. zum beispiel ist ab mitte oktober der rothirsch geschont. das heißt zu dieser zeit dürfen keine hirsche mehr erlegt werden. frisches wildfleisch ist saisonabhängig. doch durch die heutige technik kann jedes fleisch eingefroren werden und ist deshalb über das ganze jahr verfügbar. aber jäger sind keine direktvermarkter, sondern liefern das fleisch an die wildbrethändler, die es dann professionell verarbeiten. in wien kann das fleisch über den wildbrethändler oder fleischer erworben werden.
welchen wildtieren kann man in wien wo begegnen?
im bereich der höhenstraße ist zum beispiel sehr viel raubwild unterwegs, das von der stadt durch mistkübel und essensreste angelockt wird. dort sind vor allem füchse, dachse aber auch rehe oder wildschweine unterwegs. das sind die gängigsten kulturfolger. kulturflüchter wie das rotwild hingegen sind sehr scheu und haben ihren lebensraum dicht am wald. menschen, lärm und licht verschrecken sie. diese gruppe wird von urbanisierten gebieten zurückgedrängt. andere tiere wiederum haben damit kein problem und drängen in die stadt hinein, was zu konflikten zwischen mensch und tier führen kann.
welche konflikte wären das?
durch die zunehmenden urbanisierten flächen wird der natürliche lebensraum der tiere zurückgedrängt. jäger müssen die jährlich angepassten, behördlichen abschusslisten erfüllen damit die ausbreitung der wildtiere in der stadt unterbunden wird. das bedeutet, dass wir um wien herum das wild eindämmen müssen, damit so wenig wild wie möglich in die stadt hereindrängt. das ziel ist es, mögliche konflikte zu vermeiden. konfliktpunkte stellen wildschwein, fuchs und dachs dar, die sich an mistkübeln zu schaffen machen und dabei verwüstungen anrichten. die wildschweine graben in ganzen rotten auf der suche nach nahrung gärten um. auch tödlich ausgehende kämpfe zwischen haustieren und in den wohnbereich eindringende füchsen können vorkommen. damit verbunden ist auch eine erhöhte nächtliche geräuschkulisse, die stadtbewohner aus dem schlaf reißt. zusätzlich kommt es immer wieder zu unfällen im straßenverkehr im zusammenhang mit wildtieren. das ist eines der gängigsten probleme, die wir haben.
haben jäger im umland von wien zu achten, dass sich die wildpopulation nicht zu rasant entwickelt und in die stadt eindringt?
genau, und zusätzlich kommt es auf grund des überangebots an nahrungsmittel in der stadt zu überpopulationen und dann auch zur vermehrten und verstärkten verbreitung von krankheiten. diesen umstand können wir an stadttieren wie den tauben oder ratten sehen. da werden krankheiten schnell und einfach übertragen.
können sie auswirkungen des klimawandels, wie höhere temperaturen, auf wildtiere beobachten?
bei uns in tulln hat das rotwild einen schlechten ruf, weil es dem förster im wald durch verbiss an den bäumen große schäden anrichtet. deshalb sollte man so viel rotwild wie möglich nach dem abschussplan entnehmen. durch den warmen august und september waren die paarungszeiten gestört. denn die höheren temperaturen wirken sich auf das hormonsystem aus. durch die wärme sind die tiere eher müde, und die paarungswilligkeit ist nicht vorhanden. dadurch haben wir heuer sehr wenig rotwild erlegen können. das führt zu strafzahlungen, weil wir den abschussplan nicht einhalten konnten.
werden in der stadt wien veränderungen in der tierwelt als folge des klimawandels sichtbar?
ja, durch das mildere klima, finden die tiere über das ganze jahr vermehrt nahrung. so breitet sich die schwarzwildpopulation, die in österreich eher im osten heimisch war, immer weiter richtung westen also steiermark und salzburg aus. vorerst noch vereinzelt, wird das klima aber milder, dann werden sie auch dort heimisch.
wildschweine sind also gewinner des klimawandels?
definitiv, ja!
massentierhaltung erweist sich als verantwortlich für einen großen anteil des weltweiten wasserkonsums, des co2-ausstoßes und der nutzung von ackerflächen. sogenannte jeganer ernähren sich wie veganer rein pflanzlich - mit der einen ausnahme von tierischen produkten, die sie selbst erjagt haben. wird die jagd auch für umweltbewusste menschen, die wissen wollen, woher ihr fleisch kommt, interessant?
ja, auch für mich ist das natürlichste und sauberste fleisch aus dem wald ein großer anreiz jagen zu gehen. wir in österreich sind in der glücklichen lage eine große wildpopulation zu haben. trotz hoher abschusszahlen steigt zum beispiel die population der rehe. also für interessenten ist sicher die möglichkeit da. wobei man dazusagen muss, dass jagd auch mit hohen kosten verbunden ist. es beginnt mit der zeitaufwendigen jagdprüfung, einer jagdwaffe, der munition - und man muss sich viel zeit für die jagd nehmen. man geht nicht ins revier und schießt schnell etwas. zum beispiel war ich den ganzen september mehrmals die woche ansitzen, um rotwild zu erjagen und habe kein einziges stück erlegen können. also, - für jedermann ist die jagd allein schon wegen des zeitaufwands nichts. jagen muss eine berufung sein, man muss sein revier und seine tiere kennen. und mit dem verkauf des wildbrets wird man auch nicht reich: der wildbrethändler zahlt für eine sau vielleicht 10 bis 30 euro.
wie sehen die altersgruppen unter den jägern aus? kommen ausreichend jungjäger nach? gibt es unter jungjägern mehr frauen oder männer?
die jäger, die ich kenne, sind 60 und älter. doch das interessante ist, dass es in den letzten jahren zu einem jagd-hype gekommen ist. auch viele junge leute legen die jagdprüfung ab. aber wirkliches interesse, ein eigenes revier zu bewirtschaften und die jagd auszuüben, ist eher eine seltenheit. tendenziell ist das jagen eher eine männliche domäne. denn es ist auch ein körperlich anstrengender beruf. allein schaffe ich auch nicht, eine 100 kilo sau aus dem wald zu bekommen. andererseits waren bei mir im jagdkurs auch einige mädels, die mit begeisterung dabei waren.
2020 war durch die corona-pandemie geprägt. in den letzten wochen wurden in dänemark hunderttausende nerze notgeschlachtet, um die ausbreitung von covid-19 einzudämmen. welche krankheiten können von wildtieren auf den menschen übertragen werden? können wir uns beim verzehr von wildbret anstecken?
es gibt einige krankheiten, die vom wildbret auf den menschen oder auf haustiere übertragbar sind. als beispiel gibt es beim wildschwein die finnen, trichinen oder den milzbrand. die können auf den menschen übergehen und auch gefährlich sein. aber jedes wildbret wird zuerst vom jäger und dann vom fleischer genauestens beschaut. außerdem werden gewebeproben an die zuständige behörde eingeschickt und auf krankheiten überprüft. erst dann – wenn krankheiten ausgeschlossen sind - ist das fleisch zum verzehr freigegeben. kontaminiertes wildbret wird vernichtet.
ich nehme an, dass zu zeiten der lockdowns vor allem im wiener randbereich das wild mehr in bedrängnis gerät, weil die stadtbewohner die möglichkeit in den wald zu gehen vermehrt wahrnehmen.
ja, das habe ich in tulln bemerkt, dass die lockdowns zu einem größeren spaziergänger-aufkommen geführt haben. so wurde der wald vermehrt verschmutzt, und futterstellen wurden beschädigt. das stößt seitens der jäger auf unverständnis.
in der schweiz gibt es in bestimmten kantonen bereits keine jäger mehr, sondern staatliche ranger, die auf das wohl der wildtiere achten. in wien spricht man mehr und mehr von wildtiermanagement statt von jagd. konzepte wie empfängnisverhütung bei sich stark ausbreitenden wildtierarten werden diskutiert. wird es in der zukunft in wien bzw. in österreich noch jäger geben?
ich hoffe und glaube ja! in der schweiz haben sich selbsternannte tierschützer, durchgesetzt und der jagd wie wir sie in österreich kennen den garaus gemacht. mit welchem erfolg? gewisse populationen haben überhandgenommen wie die kulturfolger. andere spezies wie die kulturflüchter sind ausgestorben. das wollen wir in österreich nicht. die selbstregulation – wie von den tierschützern behauptet - funktioniert im so stark urbanisierten europa nicht. die staatlichen ranger in der schweiz kommen mit der arbeit nicht hinterher, weil sie einfach zu wenige sind. abgesehen davon stellen sie einen für österreich nicht stemmbaren finanziellen aufwand dar.
georg popp
interview mit dem naturfotografen über seine streifzüge durch die stadt und seine wilden entdeckungen.
georg popp arbeitet zusammen mit seiner frau verena seit 1998 hauptberuflich als landschaftsfotograf. die zwei abendteuer sind auf der ganzen welt unterwegs. ihre fotos werden in namhaften magazinen abgedruckt. seit 2012 arbeiten sie am projekt wiener wildnis über das sie auch einen bilderband publiziert haben.
wir sitzen in ihrem atelier in döbling in städtischem gebiet. leben auch hier tiere?
wenn ihr im sommer gekommen wärt, würdet ihr sehen, dass an den gegenüberliegenden häusern zahlreiche mauersegler nisten. die stadt wien versucht sie immer wieder zu zählen. aber von der straße aus kann man kaum erkennen, wohin sie fliegen. zusätzlich gibt es immer wieder citizen science beobachtungen, die melden, wo sich brutpaare befinden. in wien wurden 5000 brutpaare gezählt. aber genau weiß man es nicht.
wir sind gerade dabei herauszufinden, welche tiere in der stadt leben und wo sie auftreten. bei der recherche sind wir auf sie gestoßen und haben uns gedacht, dass sie die richtige ansprechperson sind, weil sie auch tiere beobachten.
ja, wahrscheinlich wissen wir zum teil mehr als die biologen von der umweltschutzabteilung, weil wir draußen die tiere fotografieren. aber wir machen keine kartographie oder zählungen.
wie hat sich ihre leidenschaft zum fotografieren ergeben?
meine frau und ich waren schon immer abenteurer und reisende und sind so zur fotographie gekommen. wir wollten etwas finden, wo man nicht von acht bis fünf im büro sitzt. da wir sechs bis acht monate im jahr unterwegs waren, haben wir erkannt, dass fotografie das richtige ist, um weiterreisen zu können. aber heutzutage wäre das wahrscheinlich in dieser art nicht mehr machbar.
in amerika waren sie mit landschaftsfotografien erfolgreich. in österreich machen sie hauptsächlich bilder, die man geografisch auf grund der kameraperspektive schwer einordnen kann. war das ausschlaggebend, mehr in österreich zu machen?
ja, wir haben uns überlegt, wie man in österreich etwas mit landschaftsfotografie machen könnte. über die österreichischen nationalparks und naturschutzgebiete gab es de facto nichts. wir waren die ersten, die landschaften aufwändig darstellten. wir ließen österreich so erschienen, als wäre es ein amerikanischer nationalpark. davor standen bei uns immer die berge, hütten oder das skifahren im fokus der fotografien.
das projekt wiener wildnis wurde bereits erwähnt. wie hat sich das entwickelt?
zu beginn der 2000er jahre kamen wir auf die idee natur und tiere in der stadt zu fotografieren. denn das hat davor noch niemand gemacht. wir haben vorträge gehalten, wir haben ausstellungen veranstaltet und wir haben eine facebookseite aufgezogen. wiener wildnis ist kein fotoprojekt für ein buch, sondern war von anfang an darauf ausgelegt, eine marke zu sein.
hat das projekt einen bildenden charakter oder soll es eine botschaft übermitteln?
die geschichte und die botschaft waren mehrere. natürlich was wien betrifft, dass man das promotet, was alles gemacht wird und, dass wien eine coole stadt ist, was die natur betrifft. es gibt viele projekte, von denen niemand etwas weiß. die frage war: „wie stellst du das bildlich dar?“ aber nichts visualisiert natur in der stadt besser als zum beispiel der fuchs am stephansplatz.
die tiere kommen also tatsächlich in die urbanen räume?
ja, und eben weil das kaum wer weiß, bekommst du sofort die aufmerksamkeit vom betrachter des fotos. die tiere kommen freiwillig in die stadt, und sie kommen hier sehr gut zurecht. mitunter deutlich besser als am land. die kraft, die uns antreibt, ist, dass wir etwas zur bildung beitragen. wir wollen die botschaft hinter dem foto transportieren.
ist es wichtig, dass man auf den bildern das tier im stadtraum wahrnimmt?
wir fotografieren die tiere immer mit autos oder strommasten im hintergrund, weil das die fotografische story ist. der schöne fuchs im wald ist ein überholtes image. das ganze wiener wildnis projekt hätte keinen sinn ergeben, wenn wir das nicht dementsprechend fotografiert hätten. die fotos, die wir gemacht haben, sind oft aufwändig geplant.
in den medien wurde ja von einer zurückeroberung der natur gesprochen, zum beispiel wie in venedig die delfine. ist ihnen während des ersten lockdowns etwas aufgefallen bezüglich tieren in der stadt?
im april waren zum beispiel auf der donauinsel mehr menschen denn je unterwegs. wenn der lockdown einen einfluss hätte, wäre der genau das gegenteil. das war am anfang ein wunschdenken. so schnell reagiert die natur nicht. sie hat zwar eine wahnsinnig schnelle regenerationsfähigkeit: wenn der mensch weg wäre, wären die spuren des menschen schnell verschwunden: überwuchert, überflutet, weggespült. da sind auch die gstätten in der stadt recht spannend. man nennt das die trittsteinbiotope. da kommen tiere von wo anders und finden eine möglichkeit sich zurechtzufinden. von dort aus passiert die besiedelung der städtischen gebiete. die natur nagt permanent an allem was zivilisation ist. aber das wird an allen ecken und enden bekämpft. sonst würden wir in der stadt untergehen.
also eigentlich ist komplett das gegenteil der fall?
ja, wenn, dann das gegenteil. ich habe auch nichts großartig negatives beobachten können. die tiere haben aber sicherlich von nichts profitieren können. weltweit gesehen hat corona alles mögliche beflügelt - nur nicht den tier- und artenschutz. da wurde die gelegenheit genutzt, um wälder zu roden, weil keiner darauf geachtet hat. siehe brasilien. auch gelder für arten- und tierschutzprogramme gingen verloren.
am nordbahnhof gibt es auch eine große gstätten. da, wo die nordbahnhalle gestanden ist, sieht es aus wie in einem getreidefeld oder in der wildnis.
um dieses areal hat sich niemand gekümmert. dann ist der bednar-park bebaut worden. ein paar jahre vorher war das auch eine bahn-gstätten, wo sehr viele tiere lebten. in diesem park gibt es heute quaderförmige wasserbassins, in denen wechselkröten laichen.
das ist sehr bizarr, weil die wechselkröte ein vom aussterben bedrohtes amphibium ist. und in diesem park, in dem, an einem schönen tag tausende leute herumgehen und die kinder mit dem fahrrad durch das wasserbecken fahren, wandert die kröte nach wie vor hin, um zu laichen. es ist spannend zu sehen, dass die tiere, die jahrhunderte in diesem areal waren, obwohl es komplett zugebaut wird, hier existieren können.
versuchen sie mit ihrer aufklärungsarbeit auch politischer einzugreifen, um etwas voranzutreiben? das ist ja sehr speziell, dass man als fotograf so etwas macht.
nicht parteipolitisch, klarerweise, aber wenn du dich in irgendeiner weise engagierst, ist das automatisch politik. wir sind immer recht angetan gewesen, was eh schon gemacht wird. das hat weder etwas mit den grünen oder roten in der stadtregierung zu tun, sondern das sind oft abteilungen wie die umweltschutzabteilung, die ma 45 wiener gewässer oder die forstabteilung. da sitzen viele leute drinnen, denen es mittlerweile egal ist, wer bürgermeister oder vizebürgermeisterin ist. die machen gute arbeit und sind sehr engagiert dabei. ich weiß nicht, ob ihr schon etwas von den zieseln gehört habt? denn beim heeresspital gibt es dieses umkämpfte gebiet. das war ursprünglich eine gstätten; dann ist irgendwann ein großer investor gekommen und hat gesagt, er kauft das areal. und siehe da: innerhalb von monaten ist es in bauland umgewidmet worden. dann gab es pläne von sehr hohen wohnhäusern, die da hinkommen sollten. die anrainer haben schlauerweise, herausgefunden, dass hier ziesel leben. die ziesel stehen auf der artenschutzliste ganz oben. sie sind die einzige tierart in dieser hinsicht, die man nicht umsiedeln darf. das ist im wiener naturschutzgesetz verankert. damit war das projekt vom tisch.
ist wien verglichen mit anderen städten ein besonders günstiges terrain für tiere?
es leben wildschweine in berlin, das ist etwas besonderes. denn die haben wir nicht. das hängt auch damit zusammen, dass wir den wienerwald haben und den nationalpark donauauen – lobau; das sind zwei riesige schutzgebiete gleich an die stadt angrenzend. die sind perfekt für die wildschweine. von den tieren dort wandern manchmal füchse oder rehe in das stadtgebiet hinein, aber in wahrheit haben die dort einen wirklich tollen lebensraum.
das wildschwein ist schon ein respekteinflößendes tier. gibt es bei tieren, die in den stadtraum kommen, probleme oder konflikte mit menschen?
ich glaub nicht. allein deshalb, weil sie den menschen gewohnt sind. die marschieren an dir vorbei und wackeln nicht einmal mit den ohren. und gleichzeitig sind sie auch so respekteinflößend, dass man nicht auf blöde gedanken kommt.
was absolut besonders für wien ist, ist der feldhamster. der feldhamster ist eines der am stärksten bedrohten säugetiere in ganz europa. die hoch technologisierte landwirtschaft lässt einem feldhamster kaum chancen zum überleben. aber in wien im 10., 11. und 12. bezirk gibt es riesige populationen. sie durchlöchern sportplätze und friedhöfe und sind natürlich streng geschützt.
feldhamster und ziesel sind also eine wiener besonderheit. deshalb kommen naturfotografen aus ganz europa nach wien. aber haben die ziesel für das ökosystem eine wichtige rolle, oder geht es darum die biodiversität zu erhalten?
eine rolle im ökosystem höchstens als beute für greifvögel. grundsätzlich sind das klassische steppenbewohner. die ursprüngliche verbreitungsgrenze ist ungefähr bei wien. richtung osten existieren größere populationen. aber gerade diese flachen landschaften ohne wälder wurden logischerweise zuerst verbaut. sie haben das problem, dass es diese art von landschaft, die sie brauchen in österreich nicht mehr gibt.
gibt es projekte oder initiativen in bezug auf umwelt- und tierschutz in wien?
da gibt es viel, zum beispiel ein laufendes eu-projekt auf der donauinsel. da geht es darum, die donauinsel klimatauglicher zu machen. es werden biotope für amphibien eingerichtet, die eine große artenvielfalt ermöglichen. das besondere ist, dass das ein areal ist, das nie verbaut werden kann, da es ein hochwasserschutzgebiet ist. ein anderes projekt sind die schafe, die dort die wiesen mähen. aber grundsätzlich sind der umwelt- und tierschutz untersubventioniert, die großen gelder laufen woanders hin.
habt ihr ähnliche szenarien in anderen städten österreichs oder der welt festgestellt?
in österreich gibt es nur wien als große stadt. international erscheinen immer wieder fotos und schlagzeile von tieren, die plötzlich in städten auftauchen. ein leopard in nairobi oder pumas in los angeles. das sind aber wuchernde großstädte, die sich ungehindert ausdehnen. die reviere dieser tiere werden von der stadt verschlungen und die übergebliebenen tiere leben noch dort. bei uns sind diese stadtausdehnungen, in wien noch dazu, komplett anders. wien hatte vor über 100 jahren seine größte ausdehnung, und dann ging die bevölkerung rapide nach unten. heute nähert sich das wieder diesem niveau, auf das die stadt damals schon planerisch ausgelegt war. das ist ein riesiger luxus, den kaum eine stadt hat.es gibt eine witzige geschichte aus paris. da gab es lange in den u-bahn-schächten eine grillenart. wenn die leute in der früh auf die u-bahn gewartet haben, haben die grillen gezirpt. den parisern hat das irrsinnig getaugt. das war so eine erinnerung an das land, wie an einem lauen sommerabend. dann hat man erforscht, dass sich die grillen von zigarettenstummeln ernähren. als das rauchen in den u-bahnstationen verboten wurde, sind die grillen innerhalb von monaten ausgestorben.
naturfotografen reisen oft bei ihrer arbeit. auch über größere distanzen, sowie sie. wie umweltfreundlich kann das passieren?
perfekt werden wir es nicht machen können. denn wenn ich nach australien will muss ich in ein flugzeug steigen. das ist teil unseres berufs. was wir machen ist, dass wir nicht nur für zwei wochen nach australien reisen, sondern mindestens für sechs oder acht wochen. wir machen nur lange flugreisen, und nicht von wien nach innsbruck. da fahren wir mit der bahn. unser ökologischer fußabdruck ist sicher nicht ideal, darüber haben wir in den letzten jahren vermehrt nachgedacht.
früher haben wir mit der landschaftsfotografie, orte portraitiert, die andere nie gesehen hätten. dadurch öffnete sich ein fenster für die leute. indem man bewusstsein für die unberührte natur schafft, trägt man zum naturschutz bei. aber heute glaube ich persönlich nicht mehr daran. wenn millionen menschen zu deinen foto-spot wollen, ist die wahrscheinlichkeit, dass du den platz kaputt machst, sogar höher. das wiener wildnis projekt spielt für mich sicher auch eine große rolle, weil es ein natur-, umwelt-, artenschutzprojekt ist, wo ich mit den öffentlichen verkehrsmitteln hinfahren kann.
sie sprechen bei der landschaftsfotografie von einem eigenen lebensstil bzw. von einer art philosophie. hat sich ihr schaffen in der stadt auf ihren lebensstil ausgewirkt?
ja, das hat mich sicher beeinflusst. ich lebe gerne in der stadt, noch dazu, wenn es so eine stadt wie wien ist. und in meiner freizeit fahre ich hinaus und genieße die natur. ich bin davon überzeugt, dass das weniger negative auswirkungen auf das klima hat als, wenn ich in ein haus im wienerwald ziehe.
die fotografie hat sich stark gewandelt. ich bin mit national geographic heften aufgewachsen. die fotografen waren die helden, die den regenwald retten. diese zeiten sind vorbei. die fotografen sind heute eher eine belastung für die natur. 99% wollen einfach nur ein schönes foto machen, der fußabdruck, den sie dabei hinterlassen um dorthin zu kommen ist ihnen egal, ebenso wie sie sich vor ort verhalten um an ein foto zu kommen.
glauben sie, dass es künftig in einer stadt wie wien, wo es initiativen und naturvermittler wie sie gibt, zu einem erhöhten bewusstsein zum thema natur in der stadt kommt?
ich denke, dass das bewusstsein größer wird. es ist notwendig in der stadt, gerade in bezug auf architektur und stadtplanung, dem klimawandel massiv entgegenzusteuern. so wie es jetzt schon mit fassadenbegrünung und mehr bäumen gemacht wird. ich glaube aber nicht, dass städte dadurch tierfreundlicher werden. das wäre dann eher eine begleiterscheinung.
Modul Integrales Kommunikationsdesign & Visualisierung
Institut Kunst und Gestaltung,
Architektur TU WIEN
Koordination: Otto Mittmannsgruber
alexandra flanjak
alejandro galvez-alvarez
markus biel
thomas obermoser
Enrico Bravi
Florian Gruber
Stefan Lechleitner
Otto Mittmannsgruber
Tobias Schererbauer
Anna Soucek