Geschichte & Ideale Christiania, Verknüpfung HabiTaT.
Im Laufe der Jahre hat die Gemeinde mehrere Rechts- streitigkeiten mit der Regierung ausgefochten, aber es ist ihr gelungen, ihre Autonomie zu bewahren. Heute ist die Freistadt Christiania eine anerkann- te und tolerierte autonome Gemeinschaft und ein beliebtes Touristenziel, das für seinen alternativen Lebensstil und sein kulturelles Angebot bekannt ist. Der Konsum und Verkauf von Drogen ist jedoch nach wie vor ein strittiges Thema, und die Gemeinde hat sich bemüht, eine Lösung zu finden, die sowohl die Regierung als auch die Einwohner zufrieden stellt.
Zu den Grundsätzen der Einwohner von Freistadt Christiania gehören die Konzentration auf das Leben in der Gemeinschaft und die Selbstver- waltung sowie das Engagement für Nachhaltig- keit und Umweltschutz. Die Gemeinde arbeitet nach einem auf Konsens basierenden Entschei- dungsmodell und hat ihre eigenen Gesetze und Vorschriften, die von einer von der Gemeinde ge- wählten Sicherheitskraft durchgesetzt werden.
Das Mietshäuser Syndikat konzentriert sich darauf, gemeinschaftlich Häuser zu erwerben und in Kollektiveigentum zu überführen, um langfristig bezahlbare Wohnungen und Raum für Initiativen zu schaffen. Das Syndikat beteiligt sich finanziell an Projekten oder Immobilien, damit diese später nicht weiterverkauft werden können und fördert gleichzeitig den Solidartransfer zwischen leistungsfähigeren und finanz- schwächeren Projekten. Ein wichtiges Instrument dabei ist ein gemeinschaftlich verwalteter „Solidarfonds“.
Um bezahlbare Wohnungen zu schaffen, werden große Investitionskosten benötigt. Eine Möglichkeit, dieses Geld zu beschaffen, ist die Direktkredit-Finanzierung, bei der das Geld direkt von privaten Investoren geliehen wird und damit die Finanzierungslücke geschlossen und die Mieten auf einem erträglichen Niveau gehalten werden können.
Jedes neue Hausprojekt beginnt mit einem Solidar- beitrag von 10 Cent pro Quadratmeter Nutzfläche im Monat. Dieser Solidarbeitrag besteht aus zwei Teilen: einmal 5 Cent pro Quadratmeter Nutzflä- che/Monat, die für Beratung und Werbung ver- wendet werden und einmal 5 Cent pro Quadrat- meter Nutzfläche/Monat, die als stille Beteiligung an der Solidarfonds GmbH dienen. Der Solidarbei- trag erhöht sich jährlich um 0,5 % der Jahresnetto- kaltmiete des Vorjahres.
Bikes & Rails ist das erste Neubauprojekt im habiTAT, dem österreichischen Mietshäuser Syndikat. Die erste Projekt Präsentation fand im Herbst 2014 statt. Von da an dauert es noch 2 Jahre bis zum Baubeginn. In regelmäßigen Abständen trifft sich die Gruppe, bestehend aus 12 Erwachsenen und 2 Kindern, um in 4 Phasen das Konzept umzusetzen. Stufe 1 & 2 waren dazu da die Kerngruppe zu bilden, welche im nächsten Schritt erweitert wurden und um aus Leitideen ein konkretes Architekturkonzept zu bilden. Phase 3 betraf den Bau, wo es um ein Prozessmonitoring und ein konkretes Nutzungskonzept ging. Die Nutzungsphase umfasst das Einleben und ein Adaptieren des Nutzungskonzeptes.
Wünsche und Kernpunkte des Konzepts sind öko- logisches Bauen, kompakte und flexible Wohnungen, Räume für Begegnungen, umweltbewusste und sanfte Mobilität, Kostengünstigkeit sowie Diversität und Internationalität. Neben der Barrierefreiheit auf allen Ebenen konzentriert sich die Gruppe auf das Thema Nachhaltigkeit, weshalb das Gebäude ein Passivhaus aus Holz ist. Parallel zu der grünen Architektur soll Privatsphäre möglich sein, gleichzeitig aber die Gemeinschaft unterstützen. Auf den 2.103 m2 Nutzfläche sind 18 Nutzungseinheiten entstanden.
Soziale Nachhaltigkeit bedeutet für die Gruppe aber auch das Einbinden des unmittelbaren Umfeldes. Ziel ist es das Sonnwendviertel mitzugestalten. So soll sich der Vorplatz mit dem öffentlichen Raum verschränken. Als Quartierstreffpunkt sollen ein Café und eine Radwerkstatt im Erdgeschoss wirken.
Der Gemeinschaftsraum ist ein anmietbarer Veranstaltungsraum, der auch den Nachbarn zur Verfügung stehen, genauso wie das Angebot an Bildungs- und Kulturveranstaltungen.
Elke Rauth ist Obfrau von dérive – Verein für Stadtforschung, sowie Redakteurin von dérive – Zeitschrift für Stadtforschung und des monatlichen Radioformats Radio dérive. Sie ist Leiterin und Co-Kuratorin von urbanize! Int. Festival für urbane Erkundungen, das sich seit 2010 jährlich urbanen Themenstellungen widmet. Mit dem Hausprojekt Bikes & Rails ist sie Teil des habiTAT Mietshäuser Syndikat. Sie interessiert sich für Stadt als gesellschaftspolitischer Ort und für die Organisation des postkapitalistischen Übergangs in Theorie und Praxis. Das Projekt Bikes & Rails ist Beispiel für alternative Wohnkonzepte und soll in unserem Fall als mögliche Besiedelungsform für den Nordwestbahnhof in Betracht gezogen werden.
Wir haben dieses Haus immer schon so ein biss- chen als auch Maschine betrachtet, als Werkzeug, um Dinge möglich zu machen und natürlich auch um zu zeigen, was möglich ist. Und jetzt zeigt sich immer mehr, was das eigentlich alles kann, wenn man so über Raum verfügt, und was damit alles zu- sammenhängt. Auch das sich so eine Hausgemein- schaft bildet, die jetzt nicht nur einen einzigen star- ken Fokus hat. Manche machen politische Themen auf, andere ökologische oder beides und es gibt einfach so einen Wertekanon im Haus, der natür- lich auch zum miteinander und Zusammenhalt führt. Mehr vielleicht als wenn es in der Projektentwicklung nur darum geht, dass man seinen eigenen Grund- riss mitbestimmen kann.
Der Immobilienmarkt ist unter Druck, es wird gekauft, gebaut, die Preise steigen. Wer kann kauft sich ein Haus, oder eine Wohnung und sichert sich für die Zukunft ab. Für eine sichere Zukunft bietet sich eine Immobilie an. Sie bietet ein zu Hause, man zahlt keine Miete an jemand anderen und man investiert sein Geld in etwas, dass seinen Wert behält.
In Zeiten von niedrigen Zinsen ist eine Immobilie besonders interessant und für viele leistbar, dies befeuert den allgemeinen Drang zum Immobilienkauf. Was hat diese Entwicklung für Konsequenzen? Was bedeutet es in einem Wirtschaftssystem zu leben, in dem Wohnraum eine Ware ist. Was ist das, das wir Neoliberalismus nennen?
Der Immobilienmarkt ist ein Kapitalmarkt in das überschüssiges Kapital zur Wertanlage und Vermehrung geleitet wird. Dies führt zu Konkurrenz und dazu, dass finanzkräftige Akteure die finanzschwachen verdrängen, sowie dazu dass Immobilien immer teurer werden.
Was hat das Rote Wien so besonders gemacht und was können wir von der Zeit lernen? Und wie kann man die Ideen und Grundsätze der Zwischenkriegszeit übernehmen und ins 21. Jahrhundert übersetzen?
Nach dem Ersten Weltkrieg herrschte in Wien Not an allen Ecken und Enden, an vorderster Stelle unter anderem auch die Wohnungsnot. Um dieser entgegenzuwirken verankerte die Stadt Wien 1923 die Wohnbausteuer, welche nur die Wohlhabenden traf. Die Einnahmen durch diese Steuer wurde rein dafür verwendet, bis 1934 64.000 Wohnungen zu schaffen, in denen rund 200.000 Menschen leben sollten. Damals waren das knapp 10 % der Stadtbevölkerung.
Der Mieterschutz brachte die privaten Bauspekulationen zum Erliegen. Es waren mit der Vermietung von Wohnungen kein Profit mehr zu erzielen. Als Reaktion darauf sanken die Grundstücks- preise. Dies ermöglichte der Stadt günstig ihren Besitz an Bauland stark anzuheben, von 17 % des Stadtgebietes in 1918 auf 33 % in 1931.
1923 folgte die neue Steuerstruktur, nach der alle Bauten alleine mit den Steuereinnahmen realisiert werden konnten. Die progressive Wohnbausteuer wird anhand der festgelegten Miete eines Objek- tes erhoben und steigt von 2 % auf 37 %. Abhängig war der Steuer- satz von der Größe der Wohnung oder der Art der Nutzung. Kleine Wohnungen oder Geschäftslokale, welche 86 % aller Mietobjekte der Stadt ausmachten brachten nur 23,6 % der Steuern ein. Hinge- gen die Mieter der größten und luxoriösesten Objekte, die weniger als 0,5 % der Mietobjekte ausmachten, zahlten 41,7 % der Steuern. Anders formuliert zahlten die 90 teuersten Wohnungen und Büros so viele Steuern wie die 350.000 billigsten. So wurde die Wohnbau- steuer, deren gesamtes Aufkommen für neue Wohnhäuser gewidmet war, den Reichen aufgebürdet.
Unter radikaler Demokratie ist zunächst einmal ein Sammelbegriff für politische Theorien zu verstehen, die sich ausschließlich auf eine Volkssouveränität berufen. Dies schließt eine Beeinflussung von Institutionen oder wirtschaftlichen Mächten aus.
Zusätzlich basiert die radikale Demokratie auf dem Ideal der Freiheit des Menschen und dem Wunsch den Interessen der Menschen eine Ausdrucksmöglichkeit und einen Ort der Austragung zu geben. Die Idee der radikalen Demokratie fordert also, dass es Raum für eine Auseinandersetzung geben muss, die nicht in einer Eskalation endet.
Wenn also in der Öffentlichkeit politische Handlungen als alternativlos dargestellt werden ist das auch eine Form von Politik, denn sie schafft Konsens durch Unterdrückung der Gegenstimmen.
Der Nordwestbahnhof ist ein Bahnhofsareal aus der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts. Zu Zeiten der Industrialisierung war dieser Bahnhof Tor zum Norden und verband die Stadt Wien unter anderem mit Berlin und der Nordsee, wie auch Verbindung in die östlichen Gebiete des Kaiserreiches. Nach dem Zerfall Österreich Ungarns verringerten sich die Fahrgastzahlen so stark, dass der Personenverkehr in großen Teilen eingestellt wurde.
Das Bahnhofsgebäude wurde anschließend unter anderem als Skihalle benutzt (Eröffnung 1927) und musste in der Nazizeit für Antirassistische Ausstellungen und Propagandareden herhalten. 1959 sind die letzen Passagierzüge abgefahren und in den 1970er Jahren wurde der Nordwestbahnhof zu einem modernen Güterbahnhof ausgebaut. Diese Funktion ist bis zur Kündigung der Verträge zum Jahr 2017.
Wir schlagen vor die 40 % der Baufelder, die nicht im Eigentum der ÖBB bleiben, von Baugruppen bebauen zu lassen, die mit unterschiedlichen Konzepten, bzw. identitätsstiftenden Ideen aufwarten und als Quelle sozialer Aktivität etabliert werden können. Jene sollen in ihrer Konzeption zudem darauf aus, die Mietverträge unbefristet auszustellen und generell leitbares Wohnen ermöglichen.
Dies soll durch einen An-
schluss der Projekte an das Solidarnetzwerk habiTAT und damit auch einer Entkapitalisierung gewährleistet werden. Das heißt, dass der Verkauf des Hauses unmöglich gemacht wird und eine Gewinnorientierung bei der Immobilienentwicklung vermieden wird. Das Ziel dahinter ist auf Generationen ausgelegt und soll dem Wohnungsmarkt Spekulationsobjekte entziehen.
Das Viertel gewinnt ein Projekt indem die Bewohner gemeinsam und selbstorganisert ein Haus entwickeln. Es entsteht ein andere Art der Identifikation, ein quasi-Eigentum, welches den Wunsch weckt sich das „Eigene“ und das „Umliegende“ zu gestalten. Entweder in ästhetischer oder sozialer Form. Auch das gibt Beispiel für das umliegende Quartier und kann für Anregungen sorgen.
Die funktionierende Gemeinschaft nutzt Gegenstände oder Dienste kollektiv. Das heißt es können Dinge wie Fahrräder oder Werkzeug ausgeliehen werden. Auch dieses gemeinsame nutzen von Ressourcen kann vorbildhaft für das Quartier sein und Synergie-Effekte entstehen lassen.