Identitäten

Nordwestbahnhof

Entwickelt wird das Areal von der Stadt Wien gemeinsam mit dem Eigentümer ÖBB sowie Bauträgern und Investoren. Der neue Stadtteil soll leistbares Wohnen, sozialen Zusammenhalt verbinden. Themen wie Bestand werden kaum thematisiert wird.

Jernbanebyen

Supergrün, autofrei, kulturhistorisch und gemeinschaftlich soll Kopen­ha­gens neuer inner­städ­­ti­scher Stadtteil auf ehemaligem Bahngelände werden. Kopenhagen wird bis 2025 kohlenstoffneutral. Der Bestand wird komplett mit in die Planung integriert.

Zwei verschiedene Projekte,  einen nicht Ort.

Wie wir mit der bestehenden Struktur umgehen, beeinflusst
nicht nur unsere Denkweise, sondern auch unsere Baukultur.



Zerstören oder weiternutzen?  

Die Frage ist vielleicht eher, wie wir von einem „nicht Ort“ einen Ort schaffen,
ohne die Identität von diesem Ort zu zerstören.

Vergleich NWBH und Jernbanebyen

Der Nordwestbahnhof ist ein großes innerstädtisches Entwicklungsgebiet von 44 Hektar Fläche. Es befindet sich zwischen Donau und Donaukanal in der Nähe des Augartens und war früher der Standort des ehemaligen Vergnügungsetablissements „Universum“. Im Jahr 1873 wurde hier ein Kopfbahnhof für die Nordwestbahn eröffnet, die eine wichtige Handelsverbindung bis zur Ostsee darstellte. Allerdings wurde der Bahnhof 1924 aufgrund des starken Rückgangs des Personenverkehrs geschlossen und für Ausstellungen, politische und sportliche Veranstaltungen genutzt. Im Jahr 1945 wurde der Betrieb wieder aufgenommen, jedoch endgültig 1959 eingestellt. Das im Krieg schwer beschädigte Bahnhofsgebäude wurde bereits im Jahr 1952 abgerissen. Heute wird das Gelände von Speditionsfirmen genutzt, die hier Lagerhallen und Büros betreiben. Bis 2035 planen die Stadt Wien und die ÖBB in enger Zusammenarbeit, rund 6.500 Wohnungen für etwa 16.000 Menschen zu bauen und 4.700 Arbeitsplätze zu schaffen.

Mitten in Kopenhagen zwischen Vesterbro, Kngens Enghave und Teglholmen befindet sich Jernbanebyen und ist das letzte große Stück der Stadtentwicklung im Süden und umfasst 55 Hektar. Das Gebiet war ein Knotenpunkt für den Eisenbahnbetrieb und beherbergt noch immer Werkstätten, Wassertürme und Gleise, die von der Kulturgeschichte des Gebiets erzählen. Das Gelände ist Eigentum der Dänischen Staatsbahnen DSB und der staatseigenen Immobiliengesellschaft Freja Ejendomme. Der Masterplan für Jernbanebyen stammt vom selbst in Kopenhagen ansässigen Büro Cobe. Dieser Masterplan bietet Bereiche, die autofrei bleiben, in denen traditionell geplante Straßen durch Grünzonen für Fußgänger und Radfahrer ersetzt werden. Ebenso soll die ursprüngliche Nutzung des Geländes modern wiederaufbereitet werden. Denn die industrielle Produktionsstätte der DSB wird auch wieder Ort der  neun Produktentwicklung, Fertigung und des Verkaufs sein. Die denkmalgeschützten Produktionsgebäude werden zu Werkstätten für kreative Unternehmen und Start-ups umgewandelt. Im neuen Viertel soll den Rahmen für besseres und nachhaltigeres Stadtleben schaffen, mit 4.500 neuen Wohnungen, Arbeitsplätzen für 8.000 Menschen, mehr als 11 Hektar Grünflächen und acht Hektar grünen Straßen.

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Bestandspläne zeigen Lage und Vernetztheit im Gewebe der Stadt

In Wien Nordwestbahnhof werden außer der drei Gebäuden alles abgerissen und mit Neubau ergänzt. Nicht nur die Identität des Ortes geht dadurch verloren, sondern auch die ganze Natur, die sich dort über die Jahre eingelassen hat. Man hätte die bestehenden Ziegelbauten weiternutzen können für mehrere Zwecke. Mit unserer Interventionen wollen wir, dass es mehr Aufmerksamkeit auf die Bestandsnutzung geschenkt wird und dass der Bestand wertvolle Ressourcen erhält.

Die einstige industrielle Produktionsstätte der dänischen Eisenbahngesellschaft wird wieder Ort der Produktentwicklung, Fertigung und des Verkaufs sein: Die denkmalgeschützten Produktionsgebäude werden in Werkstätten für kreative Unternehmen und Start-ups umgewandelt. Jernbanebyen wird so zum vielfältig gemischten Quartier, das Gestern und Morgen miteinander verbindet.

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Nordwestbahnhof

Stadt Wien, „Nordwestbahnhof Ist- Zustand“, Wien (Zugriff am 10.12.2022) wien.gv.at/spezial/vonoben/brigittenau/ ?i=3ÖBB, „Nordwestbahnhof Planungsstand“, Wien (Zugriff am 10.12.0022) immobilien.oebb.at/de/projekte/liegenschaftsentwicklung/wien-nordwestbahnhof

Jernbanebyen

Cobe Architects, „Jernbanebyen Ist- Zustand“, Dänemark (Zugriff am 09.01.2023) cobe.dk/idea/jernbanebyenCobe Architects, „Jernbanebyen  Planungsstand“, Dänemark (Zugriff am 08.01.2023) cobe.dk/idea/jernbanebyen

Bestandsfoto und geplantes Bauvorhaben

Bestandsfoto und geplantes Bauvorhaben

„Auf geht‘s.“ Herrschte nicht an solchen Orten, an denen sich Tausende von individuellen Reisewegen kreuzten, noch etwas von dem ungreifbaren Charme der ungenutzten Flächen und der offenen Baustellen, der Bahnhöfe und Wartesäle, in denen die Schritte sich verlieren, all dieser Orte zufälliger Begegnung, an denen man noch flüchtig die Möglichkeit von Abenteuer spürt, das Gefühl, daß man die Dinge nur „kommen lassen“ muß?

- Marc Auge

1872 ... 2035

Der Nordwestbahnhof in Wien ist einer der diskretesten Bahnhöfe in der Stadt, oft vergessen von vielen. Obwohl hier früher Skispringer sprangen und Skifahrer schwitzten, ist er aufgrund eines schrecklichen Ereignisses in die neuere österreichische Geschichte eingegangen. Der Bahnhof wurde rechtzeitig zur Weltausstellung 1873 eröffnet und war der letzte der sechs neuen Wiener Fernbahnhöfe. Für den Bau des Bahnhofs war es notwendig, ein tiefes Überschwemmungsgebiet aufzuschütten, genau wie beim angrenzenden Nordbahnhof. Innerhalb von 30 Monaten wurden rund 1,5 Millionen Kubikmeter Erde von Heiligenstadt nach Brigittenau transportiert.

Die neuen Kopfbahnhöfe sollten das Selbstbild Wiens als Zentrum der Monarchie und Mitteleuropas unterstreichen. Im Gegensatz zu Bahnhöfen in anderen Großstädten wie London oder Paris wurden hier technische Errungenschaften und lichtdurchlässige Stahlkonstruktionen hinter prunkvollen Fassaden versteckt. Der monumentale Baustil betonte die Macht der Monarchie: repräsentative Fronten, aufwendig gestaltete private Salons für die Elite, große Hallen mit dicken Säulen aus Stein und schmückenden Ornamenten.

Der Nordwestbahnhof wurde am 1. Juni 1872 mit einer 360 Tonnen schweren Eisendachkonstruktion eröffnet. Ursprünglich waren 5 Gleise geplant, jedoch wurde der Güterbahnhof bis 1914 mehrfach durch den Bau von insgesamt 51 Gleisen, Magazinen und Umsteigebahnsteigen erweitert. Unterschiedlich große Unternehmen, von der Deutschen Dampffischerei-Gesellschaft Nordsee bis zum Wareneingang von Südfrüchten, entstanden hier. Das erste politische Ereignis  am Nordwestbahnhof war die Ermordung des sozialdemokratischen Politikers Franz Schuhmeier durch Paul Kunschak, Bruder des christlich-sozialen Politikers Leopold Kunschak, am 11. Februar 1913. Während des Kriegs wurde die Bahnhofshalle durch Bomben, Artillerie und Brände beschädigt.

Die russische Besatzungsmacht baute die sogenannte „Russenschleife“, um den Nordbahnhofbereich und die Anschlussbahn zum Südbahnhof mit dem anderen Donauufer zu verbinden. Diese Schleife stand auch unter geheimer Beobachtung des US-Geheimdienstes. Mit der Verkehrsfreigabe der Nordbahnbrücke am 31. Mai 1959 wurde die Schleife abgebaut und die Personenabfertigung am Nordwestbahnhof endgültig eingestellt. Der neue Bahnhof Praterstern wurde provisorisch in Betrieb genommen und die Nordwestbahnbrücke über die Donau wurde zu einer Straßenbrücke umgebaut.

Nach dem Krieg waren die meisten gründerzeitlichen Bahnhöfe Wiens nicht mehr zu retten, aufgrund von mangelndem Interesse und Kapazitätsproblemen. Der Nordwestbahnhof ist inzwischen nicht mehr in Betrieb und die Planungen für das neue Areal sind noch im Gange. Die Umwidmung des Nordwestbahnhofs ist seit 2008 in Bestimmung. Es gibt Pläne, das Gelände für Wohnungen, Büros und öffentliche Einrichtungen zu nutzen.

Umgang mit der Bausubstanz

Um es genauer zu analysieren, werden die Wienerbezirke in Betracht gezogen. Die Angaben in der Grafik beziehen sich auf die Jahre zwischen 2011 und 2020. Die Grafiklässt sich entnehmen, dass in der älteren Bezirke wie die Innere Stadt bzw. um den Ring herum sehr wenig dazu gebaut worden ist. Da in diesen Bezirken der Bestand weitergenutzt wird. die Donaustadt, wo auch Nordwestbahnhof sich befindet, hat die meisten Neubauten. Der weitaus größte Anteil an Neubauten umfasst den Wohnungsbausektor. 2020wurde die Lücke zwischen Angebot und Nachfrage, die es in den vorangegangenen Jahren gab, geschlossen. Dies ist auf den Bevölkerungswachstum und auf die steigende Einwohnerzahl infolge der Zuwanderung nach Wien zurückzuführen. Abschließend kann man feststellen, dass wir nicht mehr so viel Fläche zur Verfügung haben. Wir müssen in Zukunft ungenutzte Räume und Flächen nutzen. Was dann wiederum Ressourcen schonend, ökonomisch und ökologischer ist. Außerdem statt die Gebäude mit Geschichte abzureißen und neu zu bauen, kann man die zur Gesellschaft wieder zurückgeben.

Fertiggestellte Gebäude in Wien nach Bezirken

Anzahl der Wohngebäude mit einer überwiegenden Nutzung für private Wohnzwecke

Anzahl der Nicht-Wohngebäuden überwiegend genutzt für gemeinschaftliches Wohnen,
Hotel und Gastgewerbe, Büro, Handel, Verkehr- und Nachrichtenwesen, Industire etc.

Anzahl der sonstigen Bauwerken Privatgaragen und sonstige Bauwerken

Während in Jernbanebyen 95 % des Bestandes erhalten werden,
liegt der Wert in Wien nur bei 6%, was auf dem 44 Hektar großen
Areal keinen großen Bestandteil ausmacht.

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Bebaute Fläche aufsteigend nach Bundesländer

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Flächenverbrauch in Wien mit jetzigem Steigungsverhältnis - ab 2025, wenn keine weitere Fläche in Bedarf gezogen wird

Ressourcen- & Materialverbrauch

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Der Materialverbrauch nimmt weltweit und in Österreich zu. Dieser steigende Verbrauch hat negative Auswirkungen auf die Umwelt  und  die  Ressourcenverfügbarkeit.  Der  Bausektor  ist  einer  der größten Verursacher dieses Anstiegs. Er ist für einen großen Teil des Ressourcenverbrauchs und der CO2-Emissionen verantwortlich.  Obwohl  Bemühungen  unternommen  werden,  um  den  Materialverbrauch  durch  Recycling  zu  reduzieren,  stagniert  die  Recyclingrate oder geht sogar leicht zurück. Um diese negative Entwicklung zu verringern, ist es wichtig, nach-haltige Bauweisen zu fördern. Dazu gehören die Verwendung von umweltfreundlichen Materialien, die Nutzung erneuerbarer Energien,  die  Förderung  von  Energieeffizienz  und  die  Schaffung  von Wohnraum,  der  auf  die  Bedürfnisse  der  Bewohner  abgestimmt  ist. Durch die Anwendung dieser Maßnahmen kann der CO2- und Materialfußabdruck  reduziert  und  eine  nachhaltige  Zukunft  sichergestellt werden. Hier  wird  deutlich,  wie  Ressourcengruppen  wie  Mineralien,  Metallerze,  fossilen  Brennstoffen  und  Biomasse eingesetzt werden, um die gesellschaftlichen Bedürfnisse zu befriedigen und was mit diesen Ressourcen passiert, wenn sie nicht mehr verwendet werden. Laut aktuellen Schätzungen werden pro Jahr  weltweit  etwa  92  Milliarden  Tonnen  Ressourcen  extrahiert,  von denen nur 8,65 Milliarden Tonnen tatsächlich recycelt werden. Ein großer Teil der eingesetzten Materialien wird für langfristige Bestände  wie  Gebäude,  Infrastruktur  und  schwere  Maschinen  verwendet. Ein weiteres bedeutendes Problem stellen kurzlebige Produkte dar, wie Alltagsgegenstände, Kleidung oder Verpackungen,  die  oft  als  nicht wieder aufbereitbarer  Abfall  enden.  Insgesamt werden im Jahr 2022 weltweit etwa 32,6 Milliarden Tonnen Material als Abfall gesammelt, wobei nur 8,65 Milliarden Tonnen davon tatsächlich recycelt werden.

Intervention

Was würde geschehen, wenn sich neue und alte Bebauungstypen kennenlernen? Kann die freie Mitte zu einer historischen Mitte werden und  welche ARTEN der Intervention sind nötig, um einen Mehrwert für die Bewohnenden zu schaffen?

Bestehende Gebäude können einen enormen Mehrwert für die zukünftigen Bewohnenden schaffen. Sie bieten nicht nur Möglichkeiten, kreative Fähigkeiten auszuleben, sondern auch eine Vielzahl von Freizeitaktivitäten. Ein Beispiel für die Umnutzung von Räumlichkeiten in einem bestehenden Gebäude ist die Umwandlung einer alten Halle in ein Atelier oder eine Werkstatt für Künstler oder Handwerker. Hier können sie ihre Talente ausleben und ihre Werke produzieren. Auch als Musik- oder Theaterproberaum bietet eine solche Halle eine ideale Umgebung.

Für Freizeitaktivitäten kann eine der vorhandenen Hallen auch als Indoor-Spielplatz oder Freizeitzentrum genutzt werden. Hier können Kinder und Erwachsene ihre Zeit verbringen. Auch Events wie Konzerte, Theateraufführungen oder Messen können in einer solchen Halle stattfinden.

Darüber hinaus ist die Wiederverwendung von bestehenden Gebäuden eine nachhaltige Alternative, die sowohl den Materialverbrauch als auch CO2-Fußabdruck von Gebäuden reduziert. Ein Beispiel dafür ist die Umwandlung alter Fabrikgebäude in Wohn- oder Kulturzentren, die eine lebendige und vielfältige Nachbarschaft schaffen. Ein anderes Beispiel ist die Sanierung von historischen Gebäuden, die nicht nur den Wert des Gebäudes erhöht, sondern auch die Geschichte und Kultur einer Stadt bewahrt. Durch die Nutzung von bestehenden Gebäuden wird der Wert der Architektur und die Lebensqualität der Bewohner erhöht und gleichzeitig die Umweltbelastung reduziert.

Nach einer kurzen Bestandsanalyse von zwei ehemaligen Lagerhallen werden fort folgend drei Beispiele für eine mögliche Nachnutzung dieser neuen Nutzungskonzepte erläutert.

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ehemaliges Lager und Bürogebäude
der Fa. Panalpina

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ehemalige Lagerhalle
der Fa. Schier, Otten & co

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ehemaliges Lager und Bürogebäude der Firma Panalpina

Ein für unsere Intervention, der Erhaltung von Bestandsgebäuden im Areal des Nordwestbahnhofs, ideales Gebäude ist unter anderem das Lager und Bürogebäude der Firma Panalpina. Es liegt nordwestlich im Bereich der geplanten freien Mitte und ist so sowohl für die zukünftigen Bewohnenden als auch für Menschen aus dem umgrenzenden Gebiet von der Nordwestbahnstraße leicht zu erreichen.

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Erdgeschoss

Bereits im Erdgeschoss des gewählten Bestandsgebäudes ist durch den kleinteiligen Grundriss eine Vielzahl von Nutzungen möglich. Durch einen zentralen Raum erreicht man die angrenzenden Arbeitsplätze  und die seitlich liegende Treppe. Große Fensteröffnungen bringen viel Tageslicht in, die im Plan gekennzeichneten, möglichen Arbeitsbereiche und Werkstätten. Der große Durchgangsraum unten kann als Lounge dienen, um sich zwischen den Mitschafenden auszutauschen.

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1. Obergeschoss

Durch den zentral liegenden Erschießungskern können die Räume ideal als individuelle Arbeitsräume, kleine Ateliers, Werkstätten, Fotolabore  oder Coworking-Spaces umgenutzt werden. Der bestehende Grundriss lässt es ohne weitere Änderungen zu, dass sowohl Arbeitsplätze für ein bis vier und für bis zu acht Personen pro Raum entstehen. Die weiteren Obergeschosse lassen die gleichen Nutzungen zu.

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Ein Tag mit Nicoletta

Nicolleta ist eine engagierte Studentin, die seit kurzem in einer der Neubauten am Gelände des ehemaligen Nordwestbahnhofs wohnt. Jede Woche donnerstags trifft sie sich mit ihren Freundinnen zum Yogakurs  in der großen Halle am Nordwestbahnhof. Der Kurs bietet ihr die Möglichkeit, Körper und Geist in Einklang zu bringen und ihre Anspannung abzubauen. Nicolleta schätzt die Atmosphäre im Kurs und die Unterstützung ihrer Freundinnen, die sie auf ihrem Weg zu mehr Entspannung begleiten. Danach lässt die Freundesgruppe gemeinsam ihren Tag in dem neuen Pop-up Kaffee am nördlichen Ende der Halle, bei einem Pläuschchen und vier Tassen Pfefferminztee, ausklingen.

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Ein Tag mit Lisa

Lisa ist eine talentierte Künstlerin, die in ihrem eigenen Atelier im Nordwestbahnhof arbeitet. Sie ist eine passionierte Malerin, die sich auf abstrakte Kunst spezialisiert hat. Ihre Werke zeichnen sich durch ihre lebendigen Farben und ihre experimentelle Technik aus. Sie schläft für gewöhnlich gerne aus und fährt dann mit ihrem Fahrrad ins Atelier, in dem sie den Großteil ihres Tages alleine verbringt, um ihren kreativen Fähigkeiten optimal entfalten zu können. Bevor sie wieder den Rückweg bestreitet, spaziert sie durch Parkanlage des Areals und kommt dabei meist mit Bewohnenden des neuen Quartiers ins Gespräch. Da Lisa eine inspirierende Künstlerin ist, die immer wieder neue Wege findet, um ihre Kunst zu präsentieren und viele der Bewohnenden schon kennenlernen durfte, kuratiert sie nun auch die halbjährlich stattfindende Kunstausstellung.

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Neue Freiräume

Miteinbezug der Bahntrassen in die neue Freiraumgestaltung

Die originalen Bahntrassen werden, statt abgerissen, in die neue Freiraumgestaltung des Areals integriert. Durch die, sich vertikal durch die Struktur des Nordwestbahnhofs ziehende, alte Gleisanlage kann so Kieswege bilden, welche die neu entstandene Nachbarschaft verbindet und gleichzeitig einen Bezug zu Geschichte des Bahnhofs herstellt und die Integrität des Ortes wahrt.

Sitzmöglichkeiten aus alten Gleisen und Schwellholz

Einige von den, um damals der Verwitterung entgegenzusetzen, mit Schweröl getränkten, Schwellholz-Balken der Bahntrasse werden zu Sitzmöglichkeiten und gestalten somit sowohl den Freiraum als auch die physische Kommunikationsebene der Bewohnenden mit. Zudem kann so ein Verbundmaterial, welches nicht oder nur sehr schwer zu recyceln ist, eine neue Verwendung finden und fördert den nachhaltigen Gedanken der Intervention.

Interviews

Ein Interview mit DI DR Claudiu Silvestru, Architekt mit über 15 jähriger Erfahrung mit Bauen im Bestand. Er ist Projektleiter und Experte für Kulturerbe bei hochform. Architekten ZT GmbH. Seit 2013 ist er zudem auch Mitglied des österreichischen Nationalkomitees von ICOMOS (International Council on Monuments and Sites).

Ein Interview mit DA DR Lorenzo de Chiffre, Architekt und Lehrender seit 2011 an der TU Wien mit dem Schwerpunkt Entwurfsstrategien und Methoden. Er beschäftigt sich damit wie ein architektonischer Entwurf entsteht und wie diese komplexe Vorgangsweise auf nachvollziehbarer Weise gelernt und angeeignet werden kann. Er hat dieses Jahr die Excite Projektförderung von der Fakultät erhalten für das Forschungsprojekt Umbau in der Lehre.

Wie wird für gewöhnlich entschieden, ob ein Bauwerk erhaltenswert ist? Welche Faktoren und Kriterien bestimmen den Ablauf?

Grundsätzlich wird unterschieden zwischen dem Erhaltenswert im Sinne des Denkmalschutzes, beziehungsweise im Sinne der Unterschutzstellung nach dem Denkmalschutzgesetz gemäß österreichischem Recht einerseits. Dieses geht vom öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Objekts als Teil des österreichischen Kulturerbes aus. Andererseits liegt der Erhaltungswert im Auge des Betrachters, im Verwertungspotential und in der Momentaufnahme der wirtschaftlichen Situation und der Materialverfügbarkeit. In beiden Fällen ist „Erhaltenswert“ ein relativ weiter Begriff.

Wie würden Sie diesen einschränken? Was sind die Hauptkriterien diesbezüglich?

Ein guter Ansatzpunkt hierzu sind die Werte des Denkmalpflegers und Kunsthistorikers Alois Riegl: es zählen nicht nur die Erinnerungswerte, Alterswert, historischer Wert, aber vor allem die Gegenwartswerte, wie der Gebrauchswert beispielsweise. An und für sich behält die Systematik Riegls seine Aktualität, denn die Gebäude werden auch, wenn nicht bewusst, nach den gleichen Kriterien bewertet.

Wir beschäftigen uns in unserer Intervention mit dem Erhalt von Bestandsgebäuden am Gelände des Nordwestbahnhofs. Wo liegen die Grenzen dieser Nutzungsveränderungen? Vorgesehen sind viele Neubauten und der Erhalt von nur zwei, drei bestehenden Gebäuden. Was ist Ihre Meinung hierzu?

Wir arbeiten derzeit auf städtebaulicher Ebene Projektentwicklungen und Projektansätze ab, die ihren Ursprung noch in einer sehr stabilen Bauwelt haben. Das heißt, der Ausgangspunkt waren die Verhältnisse vor der Covid-19 Pandemie und vor dem Krieg in der Ukraine - ohne Engpässe in den Lieferketten und Material- sowie Energiepreiserhöhungen. Dementsprechend war das neu bauen günstiger und schneller und termin- sowie kostensicherer. Die letzten Jahre zeigen uns, dass wir ernsthaft und in entsprechender Größenordnung über Ansätze wie Wiederverwendung und -verwertung nachdenken müssen – von der Bauwerksebene, über die Bauteil - bis hin zur Baustoffebene. Dementsprechend könnte eine Entwicklungsstrategie auch auf diesen Konzepten basierend aufgebaut werden.

In Wien sind sämtliche großen, innerstädtischen Bahnhofsareale in den letzten Jahren umgewidmet und neu bebaut worden und auf bestehende Gebäude wurde dabei wenig bis keine Rücksicht genommen. Wieso ist das so und welche Probleme gibt es dabei?

Bahnhöfe sind Industriebrachen. Das heißt, ich habe wirtschaftliche Erschwernisse aufgrund von Altlasten. Dazu kommen die statischen Gegebenheiten des Bestands: Die Dimensionierung der Tragwerke schränkt die Überbaubarkeit ein. Wenn in Richtung Verdichtung und Höhe gedacht wird, können diese Tragwerke das nicht hergeben, was erhofft wird. Ein integrativer Ansatz für diese Strukturen ist natürlich eine ganz andere Diskussion.

In unserem Vergleichsprojekt Jernbanebyen ist der Großteil des Bestandes erhalten geblieben und wurde adaptiert. Züge wurden zu Geschäftslokalen, Schienen zu Freiraum und Hallen zu unterschiedlichen Ateliers und Märkten umgebaut. Der soziokulturelle Aspekt war wichtig, und die Geschichte des Areals bleibt erhalten. Wie könnte dies am Nordwestbahnhof funktionieren ?

Die Frage ist immer nach der beabsichtigten Nutzung für das Areal und nach der Anpassbarkeit des Bestandes. Es geht darum, mit dem Bestand und nicht gegen den Bestand zu planen und zu bauen. Ganz pragmatisch gedacht: Übertragen auf Bahnhöfe bieten sich diese Strukturen für Flächennutzungen wie Museen, Gastronomie oder Einkaufszentren an. Aber sobald für Wohnbau verdichtet werden soll und in die Höhe gebaut werden muss, ist die Form auf ihre vertikale Erweiterbarkeit zu untersuchen. Ungeachtet der gestalterischen Qualität des Bestandes müssen etwaige Nutzungen, die nicht im Bestand funktionieren, in Erweiterungen oder Ergänzungen zum Bestand untergebracht werden. Und dann stellt sich die Frage, wie viel die Ergänzung und wie viel der Bestand vom Projekt, Erscheinungsbild und Identität des Ortes ausmachen.

Welche Bedeutung hat der Erhalt des Nordwestbahnhofes  für Sie? Ist das ein Thema bei ICOMOS gewesen?

Soweit mir bekannt ist, war ICOMOS im Stadtentwicklungsprozess um den Nordwestbahnhof nicht involviert. Dazu muss ich allerdings ergänzen, dass auf den Agenden von ICOMOS Österreich sich in erster Linie das Weltkulturerbe und dessen Monitoring in steht. Wir haben auch Arbeitsgruppen, die sich mit Recht und Weltkulturerbe beschäftigen, mit Photovoltaikanlagen im Welterbegebiet. Natürlich gibt es auch andere Tätigkeitsfelder: Wir sind dabei einen “Best-Practice-Award” für architektonische Interventionen in Bestandsgebäuden, wohl gemerkt nicht in denkmalgeschützten Bestandsgebäuden, auf die Beine zu stellen. Aber es ist nicht so, dass ICOMOS in jede städtebaulichen Diskussion um im Bestand verbaute Areale involviert wird.

Was denken Sie, wie wir unser Bauverhalten verändern sollten? Besonders um der Ressourcenknappheit bei gleichzeitigem Bevölkerungswachstum in Wien und Umgebung entgegenzuwirken. Wie wirkt sich das auf unsere Baukultur aus?

Es gibt mehrere Ansätze, wenn man die Kreislaufwirtschaftsagenda des Umweltministeriums sich anschaut, gibt es ein eigenes Kapitel zur Bauwirtschaft. Eine Möglichkeit ist das einfache Bauen, mit trennbaren Materialien, in leicht verständlichen Bauweisen. Andere Ansätze sind Recycling von Baustoffen und Verwendung von sekundären Baustoffen, die Wiederverwendung von Bauteilen, Planen und Bauen nach dem Cradle-to-Cradle-Prinzip. Es gibt einige Ansätze, manche ausgereifter, manche weniger ausgereift, die bereits erprobt werden. In Österreich ist dies noch nicht so weit verbreitet, wie in anderen Nachbarländern, da tut sich sehr viel.  Es braucht noch Zeit zum Umdenken. Die Tendenz in Richtung Ressourcenerhalt und Konservierung bereits verwendeter grauer Energie bedingt neue Strategien sowohl in der Projektentwicklung, als auch in der Planung.

Welche Beispiele von Bauen im oder mit Bestand finden Sie besonders gelungen?

Ich finde insbesondere Umnutzungen spannend, die die Kreativität der Planer hervorheben. Um einige Beispiele zu nennen: K-Studio hat in Kourouta, Griechenland eine Weinfabrik zum Dexamenes Seaside Hotel umgenutzt; das Heatherwick Studio hat in Norfolk einen Wasserturm in ein Einfamilienhaus verwandelt; und um Wiederverwendung von Baumaterialien nicht außer Acht zu lassen: Amateur Architecture Studio hat in der Fassade des Ninbo Historic Museum in einer zeitgenössischen Formensprache Baumaterialien aus Abbrüchen wiederverwendet.

Finden Sie, dass Österreich beziehungsweise Wien im Bestandserhalt im internationalen Vergleich nachhinkt?

Die Frage lässt sich nicht einfach beantworten. Wenn es um denkmalgeschützte Gebäude geht, würde ich Nein sagen. Wenn Sie grundsätzlich von Bestandsgebäuden reden, dann hat dies wahrscheinlich mit der Baukultur zu tun. Wenn Gebäude nach ihrem Materialwert evaluiert und betrachtet werden, war – bzw. ist noch - Neubau günstiger. Beispielsweise das Leiner-Haus auf der Mariahilfer Straße. Ein Kaufhaus wird abgetragen und es entsteht dort ebenfalls ein Kaufhaus – es gibt keine Nutzungsänderung. Eine baurechtlich genehmigte Entscheidung der Projektentwicklung, die hinterfragt werden muss, eben im Sinne der Ressourcenschonung und des Klimaschutzes.

Ich finde Euren Ansatz super, toll, genial! Ich würde mir wünschen, mehrere solche Projekte zu sehen, die sich mit der Weiterverwendung von Bestandsgebäuden, von Bauteilen auseinandersetzen. Gerade an Universitäten braucht es vermehrt diese Auseinandersetzung, weil die vorhin angesprochene Innovation und die Vorreiter im Umgang mit Bestandsgebäuden insbesondere aus dem Universitätsmilieu kommen. Zumindest ist das im europäischen Ausland der Fall.

Wie wird für gewöhnlich entschieden, ob ein Werk oder Objekt erhaltenswert ist bzw. wie ist die Vorgehensweise. Welche Kriterien und Faktoren bestimmen den Ablauf?

Diese Frage kann man von mindestens zwei Seiten betrachten. Einerseits unterliegt die Bauwirtschaft vorerst ökonomischen Zwängen. Nur in äußerst seltenen Fällen spielt Geld beim Bauen keine Rolle. Also ist es eher eine ökonomische Frage, ob ein Gebäude wiederverwendet werden kann und somit erhaltenswürdig ist. Die finanzielle Logik bedeutet immer das maximale aus den Gegebenheiten zu holen. Das ist selbstverständlich ein tiefes gesellschaftliches Problem.
Andererseits wird vermehrt über die Umweltbelastung des Bauens nachgedacht. Es ist inzwischen bei fast allen an der Bauwirtschaft beteiligten Akteure bewusst, dass die Wegwerfkultur den letzten Generationen, wo Bauten, die nicht einmal 20–30 Jahre alt sind, abgerissen werden, so nicht weiterbetrieben werden kann.
Das bedeutet, dass heute vermehrt über die Nachnutzung von Bestandsbauten nachgedacht wird. Aber inwieweit ein konkretes Gebäude erhaltenswert ist, hängt immer von den Bedürfnissen und dem Zustand des Objektes ab und lässt sich nur von Fall zu Fall festlegen.

Wir beschäftigen uns bei unserer Intervention mit dem Erhalt von Bestandsgebäuden im Nordwestbahnhof. Wo denken Sie liegen die Grenzen dieser Nutzungsänderungen?

Spontan wäre meine Antwort, dass es prinzipiell gesehen keine Grenzen bei Nutzungsänderungen gibt. Aber in der Realität ist es nicht so. In der Denkmalpflege wird gesagt, dass die beste Nachnutzung die ursprüngliche Nutzung sei. Ich sehe es aber anders. Ich bin davon überzeugt, dass eine Nachnutzung auch ermöglicht neue Nutzungsformen entstehen zu lassen, die man sich im Vorfeld kaum vorstellen hätte können. Aktuell forschen wir an der Abteilung über das Gebäude von der ZHAW in Winterthur. Hier wurde in eine alte Industriehalle eine offene Plattform-Struktur eingeführt und somit ist eine sogenannte Vorhangschale ohne Wände dadurch entstanden.  Es ist nicht so, dass jede Nutzung für jedes Objekt sinnvoll ist. Die Grenzen sind immer von den Gegebenheiten abhängig. Diese Frage lässt sich nicht so leicht eindeutig beantworten.

Bis heute werden historische Bahnhöfe im stadtgeschichtlichen und denkmalpflegerischen Diskurs kaum thematisiert. Weshalb werden in Wien besonders Bahnhofsareale und Industriebauten oft im Zuge des Ausbaus der Stadtentwicklungsgebiete vernachlässigt oder abgerissen?

Infrastrukturbauten sind meist zweckgebunden und sobald die technologischen Bedürfnisse sich ändern, können sie ihren Nutzen verlieren. Andererseits sind Bahnhöfe auch kulturell wichtige, repräsentative Bauwerke. Es ist somit eine heikle Sache, ein Bahnhofsgebäude abzureisen. Zuletzt hat man das in Wien mit dem Südbahnhof erleben können. Dieses ikonische Gebäude musste einem neuen Bauteil und völlig anderen Bahnhof weichen. Hingegen konnte das Westbahnhofgebäude erhalten werden. Man kann sich aber fragen, ob das Ergebnis zufriedenstellend ist? So wie es eingeklemmt zwischen viel größeren Neubauten steht, hat es seine ursprüngliche Erscheinung verloren. Die Hallen sind aber eine andere Geschichte, weil sie nicht als repräsentative Bauwerke konzipiert wurden, obwohl ich sie eigentlich schön finde. Sie sind dank ihrer neutralen Raumstruktur für Nachnutzung hervorragend geeignet. Ich bin davon überzeugt, dass wenn man heute einen neuen Masterplan für den Nordwestbahnhof machen würden, würde einen größeren Teil der bestehenden Hallen erhalten werden.

Welche Problematik sehen Sie generell im Erhalt von Bestandsgebäuden?

Probleme im negativen Sinne sehe ich kaum. Aber es ist selbstverständlich mit einem technischen und gestalterischen Mehraufwand verbunden. Man muss sich auf ‘Überraschungen’ während die gesamte Projektphase einstellen und einlassen.

Wie müssen wir unser Bauverhalten ändern, um der Ressourcenknappheit bei gleichzeitigem Bevölkerungswachstum in Wien entgegenzuwirken?

Weniger Neubau und mehr Umbau verwirklichen.

Wir würden gerne ein Gedankenspiel mit Ihnen ausprobieren, welches wir für unsere Intervention in Betracht gezogen haben: Hätten wir von heute auf morgen keine neuen Ressourcen für den Bausektor zur Verfügung, wie würde sich das auf unser Baukultur auswirken?

Die Frage des zirkulären Bauens, worauf ihr anspielt, ist sehr aktuell und wichtig. In der Stadt verfügen wir über eine große Menge an verbautem Material, das wiederverwendet werden kann. Die Kehrseite ist, dass dadurch einen vergrößerten Bedarf an Abrissbauten entsteht. Es ist nicht klar, welche Auswirkungen an der Stadt der Zukunft haben wird. Gleichzeitig ist es auch klar, dass die Weiterentwicklung der Stadt nicht ausschließlich mit Nachnutzung von Bestandsbauten erfolgen kann. Wir müssen auf jeden Fall sparsamer mit den Ressourcen umgehen, die uns zur Verfügung stehen — egal, ob sie wiederverwendet oder neu sind. Das Ändern von der Denkweise der Gesellschaft ist eine riesige Herausforderung.

Welche Beispiele vom Bauen im oder mit Bestand finden Sie besonders gelungen?

Ich könnte eine ganze Reihe von interessanten Beispielen nennen. Die vorher erwähnte Architekturschule in Winterthur ist auf jeden Fall ein Vorbild.

Sie beschäftigen sich viel mit dem Bestand bzw. Umbau in ihrer Lehre. Inwieweit spielt dies eine Rolle für die Ausbildung herangehender ArchitektInnen?

Der Umbau in der Lehre ist eine interessante Sache, die mich tatsächlich sehr beschäftigt. Abgesehen von dem offensichtlichen Klimaaspekt, also dass es nicht Sinn ergibt, weiterhin mit Neubauprojekte in der Lehre zu arbeiten, wenn wir wissen, dass die zukünftigen Architekt*innen vermehrt mit Umbau arbeiten werden, — sehe ich auch ein allgemeines didaktisches Potenzial im Umbauprojekte. Auch wenn es in fast allen Hinsichten komplizierter ist, ein Umbauprojekt zu betreuen, ist der Lerneffekt deutlich profunder. Erstens entwickeln die Studierenden dem Bestandsgebäude gegenüber eine Empathie — sie werden meiner Meinung nach dadurch zu einfühlsameren Menschen. Auch aus technischer Sicht ist der Erkenntnisgewinn größer, weil es viel konkreter ist, mit einem Bestand zu arbeiten als ein abstrakter Neubau. In Hinblick auf Gestaltung und Raumwirkung entstehen meiner Meinung nach — im Dialog zwischen dem Vorhandenen und das Neue — einem tieferen Verständnis für die Sprache bzw. das Repertoire, das uns als Entwerfenden zur Verfügung steht. Schließlich kann — in verglich mit Neubauprojekte, wo man alles selbst ‘erfinden’ muss und dadurch meistens konventionellen Lösungen von wem anderen abschaut — auf einer spekulativen Art über Nutzungen nachgedacht werden,

Fotoserien

„Dort auf den teils ungenützten Flächen erholt sich noch die Natur zurück was geht: Blumen fressen sich durch die Bahnverstrebungen durch. Hasen hoppeln über rostige Schienen, Krähen sammeln sich auf den flachen Dächern. Doch das Gezwitscher geht inzwischen unter, übertönt von den lauten Abrissarbeiten am Gelände. Aber warum müssen wir diesen Ort, diese Geschichte verlassen? Warum müssen wir uns jedes mal mit einem neuen Ort identifizieren, statt das was da ist noch zu nutzen.“

- Christa Hager

Atmosphären

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