— ein Interview mit Nina.
Erzähl und über dich und über das Landkind.
Hallo, ich bin Nina und ich mache das Landkind mit meinem Bruder Beni, mit dem Stephan und noch ein paar Leuten die uns helfen. Ich wohne ums Eck, in der nächsten Gasse. Ich habe Journalismus studiert und 7 Jahre in einer Agentur gearbeitet. Unser Papa hat Lokale gehabt und da haben wir immer mitgeholfen deswegen war es nicht ganz neu das zu machen. Ich habe dann angefangen mich mit Agrarwissenschaft zu beschäftigen, auf der Boku einiges in diesem Bereich zu machen und dann waren wir ein Jahr auf Reisen und als wir zurück gekommen sind war dieser Stand gerade zu haben. Wir haben uns relativ kurzfristig entschieden das zu probieren.
Warum genau hier, warum Schwendermarkt?
Ja, das ist ein Grätzel, es ist wie ein Dorf und das hab ich so in Wien, nirgendwo erlebt. Wir sind ursprünglich aus der Steiermark, aber seit 8 Jahren wohnen wir schon in dieser Gegend und seit 10 Jahren ungefähr in Wien. Wir waren früher schon als Bewohner viel unterwegs in diesem Viertel und haben das Lokal vor zwei Jahren übernommen.
Jetzt mal zum Schwendermarkt, wie ist es für Euch, was funktioniert auf dem Schwendermarkt, was funktioniert nicht? Was sind die Probleme? Gibt es etwas besonderes?
Generell als wir angefangen haben, war es sehr anders als jetzt, es tut sich schon mehr. Der Markt hätte schon abgerissen werden sollen, aber die Bewohner haben sich gewährt und nun schauen wir dass wir immer aktiv sind, dass wir Feste machen, Veranstaltungen organisieren, immer Dinge passieren, um es bei den Leuten wieder ins Gedächtnis zu rufen, dass es den Markt gibt. Viele fahren oben beim Markt vorbei und wissen es gar nicht. Die Sichtbarkeit ist auch schwierig deswegen haben wir angefangen eine öffentliche Galerie zu machen damit die Leute die schon 100 mal mit der Straßenbahn vorbei gefahren sind vielleicht sehen, da tut sich was. Generelles Problem ist, dass sich die politischen Regeln, seit wir angefangen haben zwei mal geändert haben und das ist als Wirtschaftstreibender sehr schwierig, dass du investierst, kalkulierst, rechnest, du hast eine Idee ein Konzept und dann ändert irgendwer die ganze Zeit die Spielregeln. Absurderweise ist die Neueste, dass die fixen Öffnungszeiten verpflichtend sind. Das heißt, wir sind alle selbstständig und jemand verpflichtet uns wann wir da sein müssen und wann wir arbeiten müssen. Für “Unverschwendet”, die auch nebenbei produzieren, heißt dass jemand im Stand drei Stunden absitzen muss, obwohl sie keine Waren haben, weil sie gerade etikettiert werden und für Chang (Mitarbeiterin) heißt das, dass sie am Samstag um 8 in der früh in einem vietnamesischen Lokal sitzt und niemand wird um 8 in der früh Vietnamesisch essen kommen.
Gelten diese Regelungen nur für die Stände oder auch für Lokale? Seid ihr eigentlich ein Handel mit Nebenrechten?
Ja, das sind wir noch, wir haben den Stand übernommen, als Handel mit Nebenrechten.
Seht ihr euch eher als Lokal oder mehr als Stand?
Für mich greift es Hand in Hand, deswegen ärgert mich, dass die Stadträtin sagt, dass die Märkte zu Fressmeilen werden und wir das eindämmen müssen, es müsse alles Handel sein. Wer hier nur Handel hat, kann dann schwer überleben und dadurch dass wir Handeln haben und den Verabrei- chungsbereich geht es sich bei uns ingesamt aus und ich kann das Angebot an Bauernprodukten anbieten. Die Leute haben es zur Verfügung in diesem Grätzel und wenn ich aber nur das machen würde, könnt ich damit nicht überleben und es würde das Angebot garnicht geben von dem her brauchst du eigentlich auf so kleinen Märkten mit so wenig Frequenz neue Konzepte und die Rahmenbedingungen dass es nicht so komplex ist um es machen zu können.
Gerade dieses Konzept ist aber interessant, man kann so auf einen Drink oder Kaffee gehen und nebenbei auch noch einkaufen.
Das ist eben auch unser Ansatz, sich gegenseitig auch zu unterstützen. Du wolltest eigentlich nur noch auf einen Kaffee gehen und denkst dir dann so – mmmh diesen Apfelsaft könnt ich mir auch noch mitnehmen. Oder umgekehrt, du gehst einkaufen siehst einen Kuchen und kaufst ein Stück. Unsere Idee ist ja auch, wir kochen mit allen Dingen die wir auch verkaufen, damit es Kostproben davon gibt was man kauft und so auch neue Ideen bekommt was man damit machen kann.
Wie siehst du die Zukunft hier, wie sieht der Markt aus in 20 Jahren?
Ich glaube dass die Märkte ein bisschen die Funktion verloren haben für den täglichen 100% Einkauf da zu sein. Es gibt manche menschen die einen großen Idealismus haben und wirklich alles am Markt versuchen zu kaufen. Aber für viele geht es am Markt darum wenn ich ein bisschen Zeit hab wenn ich Gusto habe mich mit besonderen Produkten zu beschäftigen. Es gibt Dinge hier, die kriegt man eben nicht in jedem Supermarkt, ich kenne meine Ansprechpartner, es ist eine soziale Funktion und dann bleib ich noch auf einen Kaffe sitzen und genieße die Sonne. Für mich wird sich der Markt zum Erlebnis verändern, als bewusstes genießen und einkaufen, das wird vl noch wichtiger werden. Es wird auch ein bisschen auf die Politik ankommen. In Wahrheit sind schon Fehler in der Vergangenheit gemacht worden, vor 20-30 Jahren — wenn man sich zb den Meidlinger Markt ansieht — da wurde daneben ein riesiger Interspar gebaut. Natürlich zerstört das den Markt noch mehr. Wenn das Angebot daneben so groß ist. Und wenn man es sich genau anschaut, tut dieser Interspar ja auch noch so als wäre er innen ein Markt, wenn er es innen so ähnlich aufbaut. Und das hast du natürlich bei vielen Märkten, das es den Märkten das Leben abgrabt. Aber das wird man nicht mehr umkehren können. Es wäre auch interessant so etwas wie ein Center management zu haben. Ein Budget, die überlegen sich einen Marketingplan — was schalten wir wo — wann machen wir welche Kampagne — sie überlegen sich Events — welches Logo hat dieses Einkaufscenter — wie schaut das Center aus ein gesamtes Marketing- und Veranstaltungskonzept sozusagen. Für den Markt macht es aber niemand oder für generell für die einzelnen Märkte überlegt sich einfach niemand — wie ist der markt positioniert — ist es ein Nahversorgermarkt — ist es ein Spezialitätenmarkt — ist es eher wie ein Naschmarkt, wo die Leute eher etwas konsumieren — das würde eben auch hier fehlen, dass sich damit jemand hier beschäftigt. Für diesen Markt machen es teilweise wir Standler selbst aber wir haben natürlich nicht die Zeit. Wir haben zwar einen Verein und so schaffen wir es irgendwie nebenbei, einigermaßen Events zu organisieren. Es bräuchte jemanden der nur dafür angestellt ist, beim Marktamt der Stadt, der diese Funktion hat, für Märkte Positionierung zu machen und zu überlegen — wo wollen wir hin — und danach auch zu messen - hat es was gebracht? – Sind wir weiter gekommen? – Also das fehlt uns halt bei den Beamten oft das man Ziele hat mit diesem Markt und danach auch die Erfolgskontrolle macht um zu schauen wie sich der Markt entwickelt hat. Sind wir diesem Ziel jetzt näher gekommen oder müssen wir etwas anderes probieren. Die Stadt sieht sich halt eher als Verwalter vonImmobilien und hat teilweise auch noch ein falschen und idealisiertes Bild von dem was ein Marktstandler tut. Es ist halt nicht mehr so wie vor 50 Jahren, dass die Hausfrau zuhause ist und den ganzen Tag Zeit hat einkaufen zu gehen und dann kocht. Viele Leute kommen aber erst um 7 aus dem Büro, die können unter der Woche gar nie auf einen Markt gehen weil viele Stände nicht bis am Abend offen haben.
Wäre es hilfreich eine geregelte Distanz zwischen Märkten und großen Lebensmittelketten festzulegen um sie zu schützen?
Ja das wäre eine Option, diese Schutzzonen es gibt so etwas ähnliches bei Apotheken.
Das z.B. auch die Wirtschaftskammer schaut was es für gute Lagen gibt in einer Gegend?Ja vielleicht auch, aber ich weiß nicht. Es ist sowieso schwierig weil alle die auf den Märkten sind, sind kleine Geschäfte, sind viele Familienbetriebe, die tun sich sowieso jetzt schwer zu konkurrieren. Ich mein es jetzt nur wenn es um den Preis oder so geht. Man müsste die Rahmenbedingungen so machen dass es flexibel ist und den Markt auch als soziale Funktion für das Grätzel sehen. Unser Bezirk unterstützt uns da eh sehr, also die sehen es auch auf Bezirksebene, fördern und helfen uns wenn wir bürokratische Probleme haben. Aber ich weiß nicht ob es bei jedem Markt so ist. Es gibt viele Märkte die sehr tot sind in Wien.