INTERVIEW
TAMARA SCHWARZMAYR
Welche Rolle hat Kultur im Stadtraum für Sie?
Kultur passiert ja immer, wenn menschliche Interaktion stattfindet, und da besteht eben auch ein Unterschied zwischen Kunst und Kultur. Es ist immer die Frage, wie weit man die Definition von Kultur begreift; auch Zeichnen, Malen, Yoga und Hausaufgaben gemeinsam machen sind kulturelle Prozesse von Menschen. Dabei geht es nicht um die Hochkultur, sondern um eine alltägliche Kultur des Austausches zwischen Menschen und gemeinsamen Praxen. Kultur muss nicht nur in der Stadt eine Präsenz haben, auch auf dem Land spielt Kultur eine sehr wichtige Rolle. Es ist notwendig in der Stadt und auf dem Land ausgezeichnete Orte für Kultur zu haben, als Einladung sich zu treffen und Dinge gemeinsam zu tun. Diese Orte müssen geschaffen werden und sollten sich auch weiterentwickeln lassen. Es braucht eine gewisse Interaktionsperspektive mit diesen Räumen, die den Ort selbst vielleicht auch mit verändert, um nicht statisch in seinen kulturellen Handlungen zu bleiben. Man muss sich auch weiterentwickeln können.
Was könnten Sie uns für die Planung kultureller Räume mit auf den Weg geben?
Das Wohlfühlen in Räumen ist von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Eine große Qualität ist es, wenn man es schafft, möglichst viele Menschen damit anzusprechen. Kulturräume sollen Platz für viele Bedürfnisse schaffen. Für Neubauten braucht es in der Planung genaue Kennzahlen für Kultur, wie auch in den Bereichen Bildung und Gesundheit. Expert*innen die wissen, was Kulturräume brauchen und Ansprechpersonen aus unterschiedlichen Kulturbereichen sind für die Planung wichtig. Auf städtischer Ebene gibt es in diese Richtung bereits erste Entwicklungsschritte.
"Ich finde es immer ganz wichtig, dass man sich daran erinnert, dass etwas, was uns Menschen auch zu einem gewissen Grad zu Menschen macht, unsere kulturelle Handlungen sind."
Was brauchen kulturelle Angebote, um zu funktionieren?
Flexibilität ist sehr wichtig. Zum einen ist eine nutzungsoffene Gestaltung sehr wichtig, aber auch unterschiedliche Raumgrößen und Beschaffenheiten spielen eine große Rolle. Durch unterschiedliche räumliche Qualitäten, zum Beispiel lichtdurchflutete, sehr öffentliche Räume oder geschlossenere Räume mit mehr Privatsphäre werden Möglichkeiten für verschiedene Nutzungen und Aneignungen geschaffen, ohne eine bindende Konkretisierung vorzunehmen. Die Menschen werden gemeinsam ausmachen, was wo stattfinden kann und ihre kulturellen Orte selbst mitgestalten .
Tamara Schwarzmayr ist Kulturwissenschaftlerin, sie studierte Vergleichende Literaturwissenschaften und Spanisch/Portugiesisch. Sie hat sich während ihrer Ausbildung viel im Ausland, vorwiegend in Lateinamerika, aufgehalten und hat dort begonnen sich mit städtischen Räumen zu beschäftigen.