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Nina Chladek-Danklmaier

Nina Chladek-Danklmaier

"Wir nehmen diese ganzen Bedenken schon sehr ernst. Es wird darauf geachtet, dass eine durchmischte Bevölkerung einzieht und der neue Stadtteil nicht ein UFO wird, das hier landet und in sich geschlossen agiert, sondern durchlässig wird."

Lies hier das Interview
Daniela Allmeier

Daniela Allmeier

"Worauf wir achten müssen ist, dass wir so viele Gruppen der Gesellschaft wie möglich einbinden. Das ist oft eine Herausforderung, denn meistens ist Beteiligung ein Senioren Club. Die Jungen sind offen für Veränderung, da müssen wir schauen, dass wir sie motivieren mitzumachen."

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Nina Chladek-Danklmaier

Interview mit
Nina Chladek-Danklmaier

Nina Chladek-Danklmaier hat an der BOKU Wien Landschaftsarchitektur studiert und arbeitet seit 2007 in der Gebietsbetreuung Stadterneuerung. Als stellvertretende Projektleitung des GB*Stadtteilbüro ist sie für die Bezirke 1,2,7,8,9 und 20 zuständig. Ihre Tätigkeitsbereiche sind der öffentliche Raum, Stadterneuerungsprozesse und Stadtentwicklungsprozesse wie der Nordwestbahnhof.

GB*Stadtteilmanagement ist die erste Ansprechstelle für interessierte Wiener*innen für den Nordwestbahnhof. Wie hoch ist aktuell das Interesse der Bevölkerung am Planungsprozess?

Dieses Jahr hatten wir sehr viele Anfragen zum Nordwestbahnhof. Viele Leute kommen zu uns und fragen, bei welchen Bauträgern sie sich für Wohnungen anmelden können. Zugleich wenden sich Anrainer*innen an uns, weil sie das Gefühl haben „Jetzt geht’s sofort los, was wird da gebaut, und was steht dann konkret vor meinem Wohnzimmer-fenster?“. Da gibt es einen großen Informationsbedarf. Ein weiterer Punkt ist auch der öffentliche Verkehr, die Straßenbahnlinie 12, wann kommt sie, wo fährt sie genau, wollen die Leute wissen.

Haben Sie das Gefühl, Sie können den Anrainern gut Auskunft geben?

Antworten kann man auf jeden Fall. Es gibt ein städtebauliches Leitbild, das ist die Grundlage, und zusätzlich gibt es Zeitpläne der ÖBB und der Stadt Wien zu den Abbrucharbeiten, die von uns dann kommuniziert werden.

Sind ab Baubeginn dann weitere Beteiligungsprozesse geplant und falls ja, in welchem Zeitraum?

Nächstes Jahr wird mit den Abbrucharbeiten begonnen, das dauert ein paar Jahre. Es gibt grobe Zeitpläne, aber ob es da jetzt noch Beteiligungsverfahren geben wird, kann ich nicht genau sagen. Das würden ja nicht wir initiieren, sondern wir würden damit beauftragt werden.

Aktuell gibt es als Zwischennutzung das Museum mit der Ausstellung „Stadtraum Nordwestbahnhof“. Wird dieses während der Bauarbeiten weiterhin geöffnet sein?


Ja, das ist geplant, das kommt gut an. Die Betreiber haben sich mit der
NS- Vergangenheit am Nordwestbahnhof auseinandergesetzt oder damit, dass die Fische aus der Nordsee hier hertransportiert und verarbeitet wurden. Der „Stadtraum“ mit dem städtebaulichen Modell der Stadt Wien ist auch gut besucht. Da erkennt man gut, wie sich dieser neue Stadtteil in die Umgebung ein fügt und wie hoch und groß er wirklich wird. Die ÖBB hat auch eine Ausstellung zur Umweltverträglichkeitsprüfung, und dann gibt es noch den Gemeinschaftsgarten davor, den haben wir begleitet haben. Die Beete waren sofort vergeben und werden gut gepflegt. Es ist ein guter Spot auf dieser langen, geraden Strecke, wo sonst nicht viel Abwechslung ist.

In den zukünftigen Bauphasen stehen manche Baufelder länger leer. Gibt es Überlegungen für Zwischennutzungen in diesem Zeitraum?

Auf jeden Fall, aber noch nichts Konkretes. Es gab schon viele Kunstprojekte, die von KÖR (Kunst im öffentlichen Raum Wien) gefördert worden sind. Das Calle Libre Festival war dort, die IBA war da, und der Stadtraum ist im Prinzip auch eine Zwischennutzung. Man kann die Flächen auch ohne Gebäude zwischennutzen, zum Beispiel gibt es die Baustellen-Konzerte von Oliver Hangl, die die Anrainer*innen nicht unmittelbar stören würden. Wir erhalten immer wieder Anfragen von Leuten, die gerne was machen würden und wir vermitteln dann zwischen diesen und den Grundeigentümern.

Wird es irgendwann eine informative Homepage vom Nordwestbahnhof geben, wo man dann auch Planungsprozesse im Detail verfolgen kann?

Sobald die Information da ist, veröffentlichen wir das auf unserer Website.
Die Stadt Wien und die ÖBB veröffentlichen das auch jeweils auf ihrer Website. Die haben aber ein anderes Zielpublikum. Darum glaube ich, wird es weiterhin mehrere Websites geben. In den vergangenen Befragungen kam immer wieder der Konfliktpunkt „Hochhäuser“ auf.

Warum ist man hier nicht auf den Wunsch der Bevölkerung und vor allem der Anrainer*innen eingegangen?

Wien hat ein recht starkes Bevölkerungswachstum, und die Nachfrage
nach Wohnungen ist seit vielen Jahren enorm. Im Nordbahnviertel
waren viele dieser Wohnungen verkauft oder vermietet, bevor der erste
Bagger hier aufgetaucht ist. Wir haben einen wahnsinnigen Druck am Wohnungsmarkt, und um dem zu begegnen, baut man in Wien punktuell in die Höhe. Rundherum haben wir eine funktionierende Stadt, man kann diese sozusagen weiterbauen, die Industrie brache auffüllen mit Stadt. In die Höhe bauen heißt auch, Fläche für öffentliche Parks freizuhalten.

Hätte man das nicht anders lösen können?

Ja eh, aber dann kriegt man nicht die Dichte zusammen. Ich verstehe, dass das eine große Veränderung ist, wenn 45 Hektar bebaut werden und 16.000 Menschen hinzukommen. Das sind große Sorgen, die man ernst nehmen muss. Ich verstehe, man hätte gerne seine Aussicht und die Sonne, wobei ich immer sage, „Sie werden noch froh sein, um jede Schattenstunde, die sie da im Sommer haben!“. Der Nordwest- bahnhof war ein Logistik Areal, auf dem der Containerumschlag stattgefunden hat; das war wahnsinnig laut. Jetzt ist es ruhig, aber jetzt geht es um die Aussicht.

Das Beteiligungsverfahren liegt schon 16 Jahre zurück. Welche Möglichkeiten haben Bürger* innen derzeit, ihre Wünsche und Bedenken noch in die Planung einzubringen?

Ja, das stimmt, das ist alles sehr lange her, aber man hat damit gerechnet,
dass alles schneller geht. Beteiligungsverfahren gab es bereits 2006 und 2008 wurde über das städtebauliche Leitbild in einem Wettbewerb entschieden. Für den Nordbahnhof wurde das erste Leitbild 1994 erstellt und die Fertigstellung erfolgt ungefähr 2024. Das sind die Dimensionen bei so einer großen Stadtentwicklung. Wenn man jetzt Ideen, Wünsche, Bedenken hat, kann man zu uns kommen, und wenn wir merken, da gibt es ganz große Themen, dann geben wir das an die entsprechenden Planungsdienststellen weiter.

Es ist ja ein Wettbewerb zur Grünen Mitte geplant. Gibt es da noch Möglichkeiten für die Bürger*innen, diesen mitzugestalten?

Ich kann mir gut vorstellen, dass es davor ein Beteiligungsverfahren geben wird. Wir sind dann aber wiederum nicht die Auftraggeber*innen der Planung, sondern wir würden dieses Beteiligungsverfahren durchführen, da wir den Kontakt zur Bevölkerung haben.

Wie wird sich das Projekt auf den umliegenden Stadtraum auswirken?

Das Nordwestbahnhof Areal war immer eine ganz große Barriere im 20. Bezirk und diese wird aufgehoben. Das wird für den Bezirk ein großer Benefit sein, weil man einfach durchgehen oder mit dem Rad durchfahren kann und nicht mehr rundherum gehen muss. 10 Hektar Freiraum ist auch eine große Qualität. 2028 soll der erste große Schulcampus eröffnen und auch ein Oberstufen- Gymnasium ist geplant, denn wir haben in der ganzen Brigittenau nur ein Gymnasium für 80.000 Bewohner*innen. Allein der Ausbau der Bildungsinfrastruktur wird für den Bezirk eine große Entlastung sein, da werden wahrscheinlich auch Kinder der angrenzenden Viertel Schulplätze finden.

Einige Anrainer haben Bedenken, dass das ein geschlossenes Gebiet wird und nicht in die Umgebung integriert wird.

Ja, das stimmt. Das ist auch eine von unseren Aufgaben, diesen Stadtteilen beim Zusammenwachsen zu helfen. Wir machen viele Führungen von den gründerzeitlichen Vierteln in das Neubauviertel, wo wir erklären, was da gebaut wird. Wir schauen auch, dass wir den Projektstand immer wieder bei Grätzelforen in den Gebieten rundherum kommunizieren. Die angrenzenden Stadtteile werden von so einer Dynamik erfasst. Uns erzählen Hausbesitzer*innen, dass sie von verschiedenen Projektentwicklern laufend Angebote für ihre Häuser und Grundstücke erhalten, die wissen gar nicht, wie sie das einordnen sollen.

Möchten Sie abschließend noch etwas ergänzen?

Wir nehmen diese ganzen Bedenken schon sehr ernst. Am ehemaligen
Nordbahnhof wird einmal Mödling sehr kompakt in die Stadtmitte von Wien reingesetzt. Es wird darauf geachtet, dass eine durchmischte Bevölkerung ein zieht und der neue Stadtteil nicht ein UFO wird, das hier landet und in sich geschlossen agiert, sondern durchlässig wird. Wir versuchen das zu kommunizieren und zu erklären, die Ängste zu nehmen, aber auch offen zu sein für Kritik.

Daniela Allmeier

Interview mit
Daniela Allmeier

Dipl.-Ing. Daniela Allmeier hat Architektur und Städtebau in Wien, Graz und Shenzhen studiert.
Sie ist Mitgründerin und geschäftsführende Gesellschafterin von Raumposition, einem interdisziplinären Planungsbüro, das seit 2014 Fragestellungen rund um Stadtplanung, Stadtentwicklung und Städtebau bearbeitet und vor allem bei Gestaltungen und
der Konzeption von Planungsprozessen tätig ist. Seit 2013 lehrt sie an der Fakultät für Architektur
und Raumplanung der TU Wien und arbeitet an unterschiedlichen Forschungsprojekten mit.

Sie haben bereits einige Projekte mit Raumposition umsetzen können.
Wie groß schätzen Sie das Interesse an Beteiligung an Planungsprozessen der Wiener*innen ein?


Prinzipiell ist es sehr groß und in den letzten Jahren auch immer stärker geworden. In diesem Kontext ist sicherlich Stuttgart 21 zu erwähnen. Ein verkehr­liches und infrastrukturelles Großprojekt, das 2010 zu massiven Protesten in der Bevölkerung geführt hat. Spätestens hier hat man verstanden, dass eine frühzeitige Einbindung der Öffentlichkeit bei Stadtentwicklungprojekten unumgäng­lich ist. Dieses Ereignis ist demnach als „Impulsgeber“ für Partizipation in der Stadtentwicklung zu betrachten, so wie sich auch heute praktiziert wird. Seitdem läuft das intensiv. Prinzipiell: Je urbaner die Lage wird, desto größer ist auch das Interesse der Bürger*innen. In Wien gibt es kaum ein Projekt, das, wenn es im öffentlichen Interesse steht, ohne Beteiligung abgewickelt wird.

Warum ist das Involvieren von Bürger*innen und Anrainer*innen in den Planungsprozess eines städtebaulichen Projekts wichtig?

Es gibt mehrere Gründe. Ein Grund ist mit Sicherheit das Herstellen der Transparenz und der Nachvollziehbarkeit. Sprich, dass offengelegt wird, wie die Veränderung der Stadt erfolgt, welche Konsequenzen, Mehrwerte, Risiken und Herausforderungen damit verbunden sind. Der zweite Grund ist, dass man über Beteiligung und Öffentlichkeitsarbeit verstärkt zu einem Akzeptanz-Prozess beitragen kann. Wenn man ein neues Quartier entwickelt, in dem es Veränderungen für den Verkehr gibt, neue Gebäude hinzukommen und eine andere Bevölkerungsgruppe einzieht, dann ist es nachvollziehbar, dass das Mittragen dieser Veränderungsprozesse doch um ein Vielfaches höher ist, wenn man die Leute abholt in ihren Lebenswelten, sie informiert und ihre Hinweise und Anregungen einholt. Der dritte Aspekt ist, dass Planung immer besser wird, wenn man den Diskurs verbreitert. Wenn man das Wissen und die Expertise der lokalen Bevölkerung einbindet, dann macht das Planung besser, weil wir eher darauf eingehen können. Letztlich versucht man über Beteiligungs– und Kommunikationsschienen Prozesse abzusichern. Partizipation ist also vielfach sinnvoll.

Gibt es eine Methode der Bürgerbeteiligung, die sich am besten bewährt hat?

Ich glaube, dass es auf den Mix der Methoden kommt. Mit einer gut dosierten Rezeptur, die dann zu unterschiedlichen Zeiten zum Einsatz kommt, können Kommunikation und Planung erfolgreich voneinander profitieren. Wir haben jetzt auch eine sehr digital vernetzte Generation, ich weiß nicht, ob es in 15 Jahren immer noch in Hallen zentrale Veranstaltungen geben wird. Wahrscheinlich schon, Menschen kommen gerne zusammen, aber ich glaube, das entwickelt sich stetig weiter.

Wie kann man die Bereitschaft zu partizipieren verbessern?

Eigentlich geht es darum, wie man das Interesse befördern kann. Die Kern­aufgabe in der Beteiligung ist zu fragen „Wie ist der Einzelne davon betroffen, und wie hole ich ihn in seiner Situation ab?“. Worauf wir auch achten müssen, ist dass wir so viele Gruppen der Gesellschaft wie möglich einbinden. Das ist oft eine Herausforderung, denn meistens ist Beteiligung ein Senioren Club. Die haben die zeitliche Verfügbarkeit und das Interesse, sind aber eher da, um zu Verhindern. Die Jungen sind offen für Veränderung, und da müssen wir einfach schauen, dass wir sie motivieren, mitzumachen. Gerade die neuen Kommunikationsmedien sind eine gute Methode, um auch junge Menschen zu erreichen.

2008 wurde ein Leitbild mit Wünschen und Bedenken der Anrainer*innen für den neuen Stadtteil am NWBH erstellt und 2016 grob überarbeitet.
Finden Sie, dass man nach so langer Zeit darauf zurückgreifen kann?

Grundsätzlich verändern sich aufgrund des gesellschaftlichen Wandels und der Veränderungsprozesse in der Stadt, die Anliegen der Bewohnerinnen. Was wir zurzeit ganz intensiv beobachten, sind die Transformationen im öffent­lichen Raum. Wenn wir jetzt versuchen Straßen umzubauen, oder aus Verkehrsräumen öffentliche Aufenthaltsbereiche zu machen, dann wäre früher - und ich rede jetzt von vor drei, vier Jahren - die Diskussion eine ganz andere gewesen. Man muss weniger Überzeugungsarbeit leisten, da sich das Wissen über den Klimawandel, Hitze und Mobilität verbreitet hat. Um ein konkretes Beispiel zu nennen: Nehmen wir den Umbau des Domplatzes in der St. Pöltner Innenstadt, ein Platz, der lange Zeit als Parkplatz genutzt wurde. Auf dem auch der Wochenmarkt der Stadt stattfindet. Die Neugestaltung sieht einen autofreien und urban gestalteten Platz vor. Zu Beginn der öffentlichen Diskussion um dieses Vorhaben, dominierten die Kritiken bezogen auf den Stellplatzverlust die Debatte. Aktuell hat sich das Narrativ gedreht: Die interessierte Öffentlichkeit

fordert nun mehr Grün am Platz ein, also mehr Bäume, weniger versiegelte Fläche, weil der Platz auch Beitrag zum Thema Hitzeanpassung in der Stadt leisten soll. Im konkreten Fall sind Baumpflanzungen schwierig umzusetzen, weil sich unter dem Platz ein großflächiger römischer Friedhof befindet. Was ich mit diesem Beispiel aufzeigen möchte ist: Das hätte es vor drei Jahren nicht gegeben, und daran erkennt man, wie sich die öffentliche Bereitschaft zu aktuellen stadtplanerischen Themenspektren verändert hat. Ich halte es für eine grundlegend positive Entwicklung. Man muss aber immer wieder auch überprüfen, welche Themen noch relevant, welche lanungsansätze dem ‚State of the art‘ entsprechen und wo es Bedarf der Anpassung und Justierung gibt.

Wie lange begleiten sie Projekte mit ähnlichen Dimensionen? (45ha)

Zurzeit begleiten wir die vorbereitenden Phasen zum Stadtentwicklungsgebiet in Rothneusiedl mit 124 Hektar. Wir bereiten einen Wettbewerb vor, der auch intensiv von einem Kommunikations- und Beteiligungsprozess begleitet sein wird. Hier wird voraussichtlich erst so in ca. 15 Jahren gebaut werden. Frühzeitige Beteiligung ist sicher auch hier sinnvoll. Das heißt, also ganz am Anfang, wenn Pläne gemacht werden, wird beteiligt und dann in den weiterführenden Phasen, wenn es um die Konkretisierung dessen geht und sicherlich auch, wenn es um das Bauen bzw. um den Einzug geht.
Meistens macht diese Einzugsbegleitung das Stadtteilmanagement, das schaut, dass Nachbarschaften entstehen, dass das Zusammenleben im Quartier funktioniert. Das wird dann laufend weiter­entwickelt. In so einem Gebiet wirst du ständig eine Form von Beteiligung haben.

Dass diese Nachbarschaften entstehen, ist das auch ein Grund, warum man nicht einfach mit dem Beginn der Bau­arbeiten mit Beteiligungsprozessen aufhören soll?

Ja, das gehört begleitet. Es gibt immer zwei Ebenen. Du hast einmal die Ein­bettung des Neuen in das Bestehende, das heißt, da ist die Zielgruppe die Bevölkerung, die dort schon lebt. Die müssen dann wirklich gut ingebunden, informiert und abgeholt werden, aber natürlich auch die neuen Be­wohner. In Rothneusiedl hast du auf einer Seite Einfamilienhäuser, also eine sehr klein­teil­ige Struktur und auf ein­mal dann Stadt­strukturen mit 4,5,6 Geschos­sen und mehr. Das ist eine zusätzliche Herausforderung.

Einer der häufigsten Konfliktpunkte am NWBH war das Thema ‚Hochhäuser‘. Dort sollen vier Hochhäuser mit bis zu 80m erbaut werden. Kann man hier, Ihrer Meinung nach, mittels Bürgerbe­teiligung Informationsarbeit leisten und Konflikte lösen?

Transparenz und Nachvollziehbarkeit ist total wichtig. Natürlich braucht es Sensibilität, aber man muss klar kommuni­zieren, was die Rahmenbedingungen sind. Einerseits haben wir das Wachstum der Stadt, andererseits ist es ein sehr zentrales Entwicklungsgebiet, das hochrangig über kapazitätsstarke Mobilitätsangebote angebunden ist, also verträgt es auch eine Dichte. So würde man vermutlich herangehen und versuchen das zu erklären. Man muss aber auch immer offen sein und herausfinden, was die Anliegen sind, und ob man diese lösen kann. Meistens beschränken sich die Argumente der Bürgerbeteiligung auf Partikularinteressen, weil wer Angst hat, dass ihm jemand ins Wohnzimmer reinschauen wird oder er den Ausblick nicht mehr hat. Man muss auch verstehen, was dahintersteht, um mit diesem Anliegen in die Debatte einzusteigen. Ganz verhindern wird es sich nicht lassen,aber die Frage ist, wie geht man damit um?

Gibt es einen Zeitpunkt, ab dem Bürgerbeteiligung zu spät ist, oder ist diese immer möglich?

Ja! Wenn man nichts mehr verändern kann, wenn es nur mehr darum geht zu informieren, dann brauchst du keine Beteiligung machen, sondern bist in der Kommunikationsarbeit, oftmals dann eher in der Krisenkommunikation. Oft beobachtet man das in der Immobilienentwicklung. Wenn es rein um die Entwicklung von privaten Liegenschaften geht, verabsäumen insbesondere gewerbliche Bauträger oft eine entsprechende Beteiligung während der Entwicklung und Planung aufzubauen, und dann kommen die Probleme, die im Nachhinein nicht mehr so leicht einzufangen sind.

Hat das dann mit dem Finanziellen zu tun?

Ja klar, der finanzielle Aspekt ist immer auch ein Thema. Ich würde aber eher sagen, dass es vor allem Mut und Offenheit braucht, so einen Prozess zu starten, denn ein offener Prozess heißt gleichermaßen, dass man nicht ganz genau weiß, was dieser an neuen Erkennt­nissen hervorbringt. Damit ist dann allenfalls umzugehen und entsprechende Antworten im Verfahren zu finden.

Institut für Kunst und Gestaltung
Modul Integrales Kommunikationsdesign und Visualisierung WS 22 | 23
Nordwestbahnhof – Update 2035

Charlotte Bardenz
Selma Bico
Johanna Mullins
Leonie Murero

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