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Ansprechpartnerin: Clara Ziegler

Die Schülerin Clara Ziegler ist 16 Jahre alt und seit August 2020 ein Mitglied der Fridays-for-Future-Bewegung.

Während des Lockdowns im Frühjahr 2020 hatte sie das Bedürfnis, etwas zu tun und zu unternehmen und beschäftigte sich  viel mit dem Thema Klimawandel und Klimaschutz. Besonders für die Zeit nach  den Ausgangsbeschränkungen sieht sie eine Perspektive, um sich als Einzelperson mehr für das Klima einzusetzen und eine positive Veränderung beizutragen.

Dramaturgie

Dieses Interview mit Clara Ziegler verläuft entlang eines Tagesablaufs einer fiktiven Familie, einer alleinerziehenden Mutter mit zwei Kindern im Alter von 8 und 14 Jahren, die in Wien leben, arbeiten und die Schule besuchen.

Der Ablauf bietet Anregungen für Veränderungen im Alltag, um mehr für den Klimaschutz beizutragen. Denn vor allem die Gestaltung unseres Alltags besitzt große Auswirkung auf unsere Umwelt. 

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Morgenstunde:

07:00

Morgenhygiene

Immer wieder staut es sich im Badezimmer der dreiköpfigen Familie; Dusche und Waschbecken sind immer belegt und die Wasserhähne voll aufgedreht. Wie kann die Familie resourcensparend agieren?

Clara: „Clara Ziegler: Rund 3,5 % des weltweiten Wassers ist Trinkwasser, davon besitzen 2,2 Milliarden Menschen keinen Zugang zu sauberen Wasser. Die durch die Erderwärmung verursachten Dürrezeiten und Hitzeperioden werden diese Wasserkrise weiter verschlimmern, und in Zukunft auch der globale Norden betroffen sein.

Während der Morgenhygiene sollte man Wasser immer nur dann benutzen, wenn es erforderlich ist. Experten sind der Meinung, dass zwei bis drei Mal Duschen in der Woche ideal wäre. Zum Vergleich: rund 84 % der Franzosen duscht jeden Tag, in Deutschland sind es 66 % und in Belgien 57 %. Wenn das Bedürfnis besteht jeden Tag zu duschen, dann lieber 3 Minuten statt 5 Minuten. In einigen Baumärkten kann außerdem ein Aufsatz gekauft werden, der die Wassermenge reduziert.“

07:30

Frühstück

Ein gutes Frühstück in der Früh gibt Kraft und Energie für den ganzen Tag. Oft kommt auf dem Tisch der Familie Müsli oder ein mit Schinken belegtes Brot. Welche Alternativen wären klimaschonender?

„Nach Angaben der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) ist die industrielle Tierhaltung für rund 15 % der von Menschen verursachten Treibhausgase verantwortlich. Der Grund ist, dass rund 35 % der ganzen Erdoberfläche für Fleischproduktion genutzt wird. Die industrielle Tierhaltung versucht auf einer Weide die größtmögliche Zahl an Nutztieren unterzubringen. Diese Massen an Tieren stoßen schädliches Methan aus, das 23 bis 24-mal schädlicher ist als CO2 und somit die Umwelt schädigt. Überwiegend pflanzliche Ernährung könnte bis 2050 15 % Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen auf 4,5 % bringen.“

Das Lieblingsgetränk der Mutter ist in der Früh eine kräftige Tasse Kaffee, um munter zu werden. Dabei kommt eine Kapselmaschine zum Einsatz, die eine perfekte Menge ausgibt. Auf welche Verpackung soll bei Kaffeekapseln geachtet werden?

„Vor allem in Aluminiumkapseln verpackter Kaffee besitzt eine sehr negative Umweltbilanz. Der Abbau vom verwendeten Rohmaterial, dem sogenannten Bauxit, ist sehr energieaufwendig und geht  mit der Abholzung des Regenwaldes einher. Als Nebenprodukt der Gewinnung von Bauxit entsteht Rotschlamm, eine ätzende und giftige Natronlauge.

Dennoch, einige Geschäfte bieten eine Rücknahme der gebrauchten Kapseln zum Recycling an, um die wertvolle Ressource wiederzuverwerten. Umweltschonender sind Kaffeepads, die aus Zellulose bestehen und dadurch biologisch abbaubar sind. Die umweltfreundlichsten Varianten sind jedoch Filterkaffe und löslicher Kaffee.“

Vormittag:

08:00

Weg zur Arbeit

Für die Mutter ist der Weg von der Wohnung in der Seestadt zur Arbeit in Kaisermühlen  mit dem Auto komfortabler und schneller zu bewältigen als mit den öffentlichen Verkehrsmitteln. Was wäre ein Schritt in Richtung klimaschonender Arbeitsweg?

„Die Benutzung des Fahrrades ist die umweltschonendste Art, sich fortzubewegen, obwohl diese in der kalten Jahreszeit wahrscheinlich eher weniger genutzt wird.

Aus diesem Grund sind die öffentlichen Verkehrsmittel das ganze Jahr über nutzbar. Eine weitere Option wäre Carsharing. Viele Anbieter statten ihre Autos mit einem Elektromotor aus, um eine klimaschonende Alternative anzubieten. Für den täglichen Gebrauch ist von dieser Alternative aber trotzdem abzuraten.“

08:30

Arbeit

Die Frau arbeitet im Büro – lässt sich selbst hier, in der Arbeit mit Computern zum Beispiel, etwas verbessern?

„Für die Benutzung einer online-Suchmaschine wie Google gibt es klimaschonende Alternativen wie die Suchmaschine Ecosia.org. Diese liefert zwar andere Suchresultate, ist aber ökologisch besser. Der Großteil des Gewinnes wird für  Wiederaufforstungsprojekte gespendet - für 45 Anfragen wird ein Baum gepflanzt.

Auch für Email-Dienste gibt es eine grüne Alternative: Posteo. Die Server dieses Anbieters werden ausschließlich mit sauberer Energie betrieben.“

12:00

Mittagspause

Endlich Mittagspause- was kommt heute auf den Teller? Etwas vom Chinesen oder doch  vom Italiener? Auf was soll im Restaurant geachtet werden?

„Einige Restaurants setzten auf Bio-Produkte, deswegen ist es von Vorteil, sich vorab zu informieren, welche Produkte verarbeitet werden und von wo diese importiert werden. In Wien sind einige Lieferservices aufzufinden, die per Fahrrad Bestellungen ausliefern und dadurch sehr umweltfreundlich sind. Dennoch ist die beste Variante das Vorkochen am Abend davor: Dann weiß man genau, wasdrin ist.“

Nachmittag:

15:00

Bank

Nach der Arbeit noch schnell zur Bank Geld abheben, um für den Einkauf im Einkaufszentrum und im Supermarkt bereit zu sein. Gibt es eigentlich klimafreundliche Banken?

„Ja, die gibt es. Klimafreundliche Banken werden mit dem Umweltzeichen UZ 49 versehen. In Österreich ist allerdings momentan keine Bank vorzufinden, die ausschließlich auf Nachhaltigkeit setzt. Für BürgerInnen werden zwei Alternativen angeboten: auf der einen Seite ein Girokonto, das unabhängig von der Mutterbank (Raiffeisenbank) agiert und das GoGreen-Konto der Bank Austria.“

15:30

Einkaufscenter

Die ganze Familie braucht für die kommende kalte Jahreseit ein paar neue Kleidungsstücke, Winterstiefel und eine Winterjacke, da die alten entweder abgetragen oder zu klein sind. Auf was soll beim Einkauf geachtet werden, gibt es Alternativen zu den Textilkonzernen?

"Geschäfte in Einkaufszentren bieten großteils nur Fast Fashion an. Diese „schnelle Mode“ ist die Konsequenz daraus, dass in unserer Konsumgesellschaft immer das Neueste erstanden werden muss. Durch die beschleunigte Produktion verursacht die Herstellung und der Transport bis zu einer Milliarden Tonnen CO2.

Umweltschonende und auch günstigere Aternativen sind Second-Hand-Geschäfte, sowie verschiedene Apps wie Shpock oder Kleiderkreisel, die Textilien verkaufen, die schon getragen wurden, aber in gutem Zustand sind."

16:30

Lebensmittel

Zu guter Letzt noch den Lebensmitteleinkauf für die kommende Woche erledigen. Auch im Winter lieber Paradeiser aus Österreich als jene aus Spanien kaufen, um den CO2-Fußabdruck niedrig zu halten. Ist diese Denkweise richtig?

„Im Vergleich sind in österreichischen Glashäusern gezogene Paradeiser gleich klimaschädlich wie spanische. Die einen kommen über den Luftweg ins Land, die anderen wachsen in einem beheizten Gewächshaus und weisen eine vielfach energie-intensivere Produktion auf. Deswegen rate ich: regional, saisonal und bio einkaufen.

Die Bio-Landwirtschaft ist energieärmer, und durch den Verzicht auf synthetische Mineraldünger wird ein großer Teil fossiler Energieträger eingespart. Ganz nebenbei fördert die Bio-Landwirtschaft den Aufbau einer Humusschicht, die zu 60 % aus Kohlenstoff besteht und daher als CO2 Speicher dient.

Freilich wird es immer schwieriger, saisonal zu kochen, da die Supermärkte das ganze Jahr über jedes Obst und Gemüse anbietet. Für eine klimafreundliche Zukunft ist das der falsche Weg. Im Internet sind zahlreiche Saisonkalender aufzufinden, die eine Übersicht bieten.“

17:30

Haushalt

Nach einem langen Tag endlich zu Hause angekommen, noch schnell einen Teil der Wohnung putzen, bevor die Kinder von der Schule kommen. Wie kann im Haushalt auf die Umwelt geachtet werden?

„Ein Großteil der im Supermarkt angebotenen Reinigungsmittel sind leicht bis sogar sehr umweltschädlich und sollten dementsprechend nicht verwendet werden. Um die Inhaltsstoffe der Produkte herauszufinden, ist die Verwendung der die App Codecheck von Vorteil. Diese zeigt durch das Scannen des Strichcodes alle Inhaltsstoffe und teilt sie in unterschiedliche Bedenklichkeitsgrade ein. Neben diesen wird auch Wert gelegt darauf, ob sie palmölfrei, vegan und tierversuchsfrei sind.

Drogeriemärkte bieten unter ihren Eigenmarken umweltschonende Putzmittel an. Diese sind aus natürlichen Inhaltsstoffen, sowie aus einer grünen Verpackung, zum Beispiel aus  recyceltem Plastik oder sogar rein aus Karton.“

Abend:

19:00

Abendessen

Am Abend werden, damit es schnell geht, Pommes und Nuggets in den Ofen geschoben. Schmeckt allen und ist im Handumdrehen fertig.

„In Supermärkten sind Alternativen aufzufinden, die vegan und gesünder sind. Diese können ebenfalls in zwei bis drei Minuten in einer Pfanne oder im Backofen zubereitet werden. Neben Fertigprodukten lassen sich in kurzer Zeit ein Salat zubereiten mit Bio Gemüse oder mit Produkten direkt vom Bauern gekauft.“

20:00

Abschalten

Alles erledigt, jetzt darf entspannt werden. Mit einem Film oder einer Serie auf einer Streamingplattform - kann schon nicht so umweltschädlich sein. Ist streamen denn klimaneutral?

Leider nein. Im Jahr 2018 verursachten Streamingdienste 4 % der weltweiten Treibhausgas-Emissionen. Zum Vergleich: Durch zivilen Luftverkehr wurden 2018 2 % der weltweiten CO2-Emissionen verursacht. 80 % aller Daten, die sich 2018 durchs Netz bewegten, waren Videos, 60 % davon waren Online-Videos. Die Forscher gehen davon aus, dass dieser Anteil sich bis ins Jahr 2025 verdoppeln wird.

Somit würden 8 % der weltweiten Treibhausgas-Emissionen durch digitale Technologien ausgestoßen werden. Das entspricht den aktuellen Emissionen, die durch Autos entstehen.