MAPPING VIENNA INTO THE CLIMATE
FOTOserien
TRAFIKEN DONAUKANAL

TABAKTRAFIKEN

Die meisten Wiener*innen kaufen Tabakwaren in den traditionsreichen und typisch österreichischen Tabaktrafiken. Die folgende Fotoserie zeigt die Vielfalt dieser Verkaufsstellen und ihre Kunden sowie Besitzer in verschiedenen Bezirken Wiens. Die Ladenfronten der diversen Trafiken wurden frontal, architektonisch und ohne stürzende Linien fotografiert. Der Fokus liegt auf den Läden mit ihrer bunten Vielzahl an Werbetafeln, Plakaten, Auslagen und Automaten. Dies zieht sich als roter Faden durch die Fotoserie. Der Mensch wurde stets in der jeweiligen Türöffnung der Trafiken platziert. Kunden werden hierbei von hinten beim Eintreten gezeigt, und die Anonymität zu waren. Besitzer werden von vorne gezeigt und stellten sich ohne weitere Anweisungen zu Haltung oder Mimik unsererseits in Ihre Türen. Zuvor ließen wir uns von den Besitzern bzw. Angestellten eine Einverständniserklärung ausfüllen und unterschreiben, sodass wir die Fotografien problemlos publizieren dürfen. Alle Fotografien sind im RAW-Format mit einer Canon 700D mit 10-20mm Weitwinkelobjektiv und unter Zuhilfenahme eines Statives entstanden und gleichmäßig in Adobe Lightroom und Adobe Photoshop nachbearbeitet.

BERAUSCHTER DONAUKANAL

Die Uferzone des Donaukanals ist schon seit vielen Jahren eine der wesentlichen Kulissen des Wiener Nachtlebens. Das „Flex" als feste kulturelle Institution, aber auch das jährlich stattfindende Donaukanaltreiben und viele andere Anlässe und Bars mehr verwandeln die Asphaltlandschaft am trüben Gewässer immer wieder in eine Partyzone. Über die Jahre ist der Kanal von den Wiener*inne*n immer vielfältiger bespielt worden. Hier gibt es Nachtclubs, Bars und Lokale mit dem Charakter von Strandhütten. An lauen Sommerabenden treffen sich die Wiener*innen gerne am Donaukanal, schauen entspannt der Sonne beim Untergehen zu und genießen in geselliger Runde ein paar Drinks, möglicherweise gekauft von einem der inoffiziellen Bierlieferanten, die kühles Dosenbier für 2 Euro anbieten und sich per Fahrrad oder zu Fuß durch die Menschenmengen bewegen.
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Abb. 4.1: 48°12‘59.9“N 16°23‘08.0“E
Elfter November, elf Uhr vormittags. Wir sind etwas aufgeregt und frösteln trotz Sonnenschein. Schwer bepackt mit Kamera und Stativ. Die Ladenfassade, schnell die Maske aufsetzen. Vier Stufen hoch, die Türglocke bimmelt. Die erste Trafik. Der Raum ist eng und die Regalwände bis unter die Decke angefüllt mit bunten Illustrierten und Werbung. Herr S. steht am Tresen aus hellem Holz, seine Frau daneben. Hinter ihnen lange Reihen von verschiedensten Zigarettenpäckchen. „Grüß Gott, wir sind zwei Architekturstudenten…“Sechs Stunden Tabaktrafiken im Herzen Wiens. Abseits der gewohnten Pfade kennen wir heute nur ein Ziel: Die Ladenfassaden dieser traditionellen Geschäfte in Wien abzulichten. Noch wissen wir nicht, wie viele Besitzer uns das überhaupt erlauben. Schließlich ist das Bewerben von Tabakwaren in Österreich streng untersagt und somit irgendwie auch das Fotografieren der Tabaktrafiken. So genau scheint das niemand zu wissen. Wir starten im zweiten Gemeindebezirk Wiens. Doch gleich im ersten Laden haben wir Glück. Der Trafikant und seine Frau freuen sich sehr über unser Anliegen und posieren gerne auf den Stufen vor ihrer Trafik.
Abb. 4.2: 48°12‘50.3“N 16°22‘48.1“E
Motiviert von diesem gelungenen Start laufen wir weiter. Immer Richtung ersten Bezirk, in dem wir uns die meisten Trafiken erhoffen. Im Herzen des jüdischen Viertels an einer vielbefahrenen Straße werden wir wieder fündig. Neben einem großen Portal in der repräsentativen Gründerzeitfassade öffnet sich eine kleine, fast gedrungene Tür zu einem noch kleineren Raum. Die Verkäuferin möchte sich nicht fotografieren lassen und kann den Ladenbesitzer telefonisch auch nicht erreichen, aber wir dürfen schließlich trotzdem ran. Wir warten auf Kunden, die wir beim Betreten des Ladens fotografieren können. In Zeiten von Corona gar nicht so leicht. Doch schließlich kommt doch noch jemand vorbei und wir können weiterziehen.
Abb. 4.3: 48°13‘03.2“N 16°22‘38.6“E
Unser nächstes Ziel ist der Karmelitermarkt. Plötzlich ändert sich die Stimmung. Alles ist voller Menschen und es duftet nach Bratwurst. An der Trafik am Rande des Marktes stehen viele Leute Schlange und werden durch ein kleines Fenster bedient. Unsere Nachfrage wird nur zögerlich beantwortet. Die Besitzerin erzählt uns, dass sie schon einmal angezeigt wurde, da sie Dreharbeiten an ihrem Geschäft erlaubt hatte. Schließlich einigen wir uns darauf, dass wir nie da gewesen sind und schießen schnell ein Foto.
Abb. 4.4: 48°12‘38.0“N 16°22‘23.4“E
Wir verlassen den zweiten Bezirk und überqueren den Donaukanal. Am Hohen Markt spielt die Ankeruhr ihr Glockenspiel. Ein paar Touristen machen Fotos, ein alter Rollce Royce steht vor der Trafik gegenüber im Halteverbot. Auch hier will der junge Verkäufer nicht mit aufs Foto, aber erlaubt uns, den Eingang zu fotografieren. Der Luxuswagen macht uns das etwas schwer. Nummer vier ist geschafft und der erste Kamera-Akku leer.
Abb. 4.5: 48°12‘42.7“N 16°22‘21.9“E
Mit einem neuen, vollen Akku schlendern wir weiter in die belebte Fußgängerzone, am Stephansdom vorbei. Schön, dass wieder Normalität eingekehrt ist nach dem Terroranschlag vor fünf Tagen. Hier ist die Trafiken-Dichte hoch und wir können uns kaum entscheiden, welche wir zuerst ansteuern sollen. Beim nächsten Geschäft ist die Besitzerin gerade beim Mittagessen im Hinterzimmer, aber lässt es kalt werden um sich für unsere Aufnahme in den Türrahmen zu stellen. Bis das Foto im Kasten ist hat sich eine dichte Menschentraube links und rechts des Ladens gebildet, die höflicherweise nicht durchs Bild gelaufen sind.
Abb. 4.6: 48°12‘11.6“N 16°22‘23.4“E
Danach haben wir eine kurze Pechsträhne, einige Trafikanten verbieten uns, ihre Läden aufzunehmen. Am Karlsplatz stärken wir uns mit „Schnitzel-to-go“ und spazieren dann weiter zum Schwarzenbergplatz. In einer menschenleeren Gasse entdecken wir die nächste Trafik. Der junge Besitzer öffnet gerade den Zigarettenautomaten, um ihn neu zu befüllen. Das dürfen wir leider nicht fotografieren. Als er fertig ist kommen wir doch noch zum Zug. Er empfiehlt uns sogar eine weitere Trafik ein paar Querstraßen weiter.
Abb. 4.7: 48°12‘27.9“N 16°22‘21.7“E
Das sonnige Wetter hält weiterhin an und wir erreichen die beschriebene Tabaktrafik. Die freundliche Kassiererin erzählt uns, dass den Laden häufig auch Touristen fotografieren, weil der Schriftzug so schön sei. Ein Kind läuft in den Laden, doch das Fotografieren wir besser nicht.
Abb. 4.8: 48°12‘28.8“N 16°22‘24.7“E
Nach Rücksprache mit dem Chef dürfen wir auch den nächsten Laden fotografieren. Hier gibt es hauptsächlich Zigarren zu kaufen. Die Verkäuferin unterhält sich mit einem Bekannten am Tresen während wir unser Foto schießen.
Abb. 4.9: 48°12‘28.8“N 16°22‘24.7“E
Es wird langsam dunkel und kalt, noch einen letzten Punkt auf unserer Karte steuern wir an: Eine Trafik direkt am Stephansplatz. Die alte Dame freut sich sehr über unser Anliegen. „Dass ich das noch erleben darf…!“. Sie will sogar den Postkartenständer aus dem Bild rollen, aber der gehört für uns nun mal auch mit zum Gesamtbild. Wir bitten sie, unsere Einverständniserklärung auszufüllen. Sie unterschreibt, doch verheimlicht ihr Geburtsdatum und zwinkert uns stattdessen verschmitzt zu. Elfter November, siebzehn Uhr abends. Durchgefroren, der letzte Kamera-Akku ist leer. Wir sind zufrieden und auch etwas erleichtert. Die Fotoserie ist fertig! Das war die letzte Trafik. Wir holen uns bei „Ströck“ eine heiße Schokolade und trinken sie im Sonnenuntergang am Donaukanal.
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Abb. 2.1
Abb. 2.2
Abb. 2.4: Tiffy tanzt
Abb. 2.8: Berauschter Schädel
Abb. 2.5: Save the Planet...und Freude auch
Abb. 2.9: Meskalin-Kaktus
Abb. 2.7: Wien wählt
Abb. 2.6: Ottakringer Original
Abb. 2.10: Disney´s Phantasia
Abb. 2.15: Psychodelischer Frosch
Abb. 2.19: Eing´raucht
Abb. 2.16: Smash the patriachy with some weed
Abb. 2.17: Dope
Abb. 2.18: Weed
Abb. 3.2: Eine Bildergeschichte in Grafitti am Donaukanal: Die Geschichte von Wein- und Tabakanbau.
Man sieht die Entwicklung von Anbau und Produktion, die Ausbeutung der Umwelt und wie alles schlussendlich im Kreislauf von Fressen und Gefressen werden gipfelt.